Dirk Schmitt im Interview: „Apple überzeugt mit starken Zahlen – trotz KI-Skepsis am Markt.“

5. August 2025
<br><b>Dirk Schmitt im Interview: </b>„Apple überzeugt mit starken Zahlen  – trotz KI-Skepsis am Markt.“</b>

Co-Fondsmanager Dr. Dirk Schmitt kommentiert im Interview die beeindruckenden Quartalszahlen von Apple.

  • Apples KI-Strategie: Man muss nicht der Schnellste, sondern will der Beste sein.
  • Anpassungsfähigkeit: Umstellung der Lieferketten ist eine operative Meisterleistung.
  • Quartalszahlen: Beste Q3-Zahlen seit vier Jahren.
Apple hat seine Q3-Zahlen vorgelegt. Sind Sie zufrieden?

Dirk Schmitt: Ja – und zwar mehr als zufrieden! Noch nie zuvor in der Firmengeschichte haben so viele Nutzer im dritten Quartal ihre Geräte gegen ein neues Modell eingetauscht. Allen voran das iPhone 16 erweist sich als ein wahrer Kassenschlager. Und das ausgerechnet in einem Quartal, das traditionell als ‚ruhiger‘ Vorläufer des Produktlaunch-Zyklus im Herbst gilt.

Mit einem Umsatzplus von 9,5 % meldete Apple das beste dritte Quartal seit vier Jahren. Neue Umsatzrekorde konnten u.a. in Kanada, Lateinamerika, Westeuropa, Indien und den USA erzielt werden. Das Wachstum ist auch deshalb bemerkenswert, weil es rein organischer Natur ist und Wechselkurseffekte laut CFO Kevan Parekh per Saldo keine Rolle spielten. Kurz: Das war ein rundum überzeugender Zwischenbericht.

Wie bewerten Sie die Ergebnisse auf Produktebene?

Dirk Schmitt: Die Dynamik zieht sich durch fast alle Sparten: Das iPhone wächst um 13,5 %, der Mac um 13 %, vor allem dank der Attraktivität der neuen Modelle und nur in geringem Ausmaß durch vorgezogene Käufe im Zuge der angekündigten US-Importzölle; laut CEO Tim Cook machte dieser Effekt nur ca. einen Prozentpunkt aus. Beim iPad war der Umsatz zwar rückläufig, was jedoch mit der Markteinführung der neuen iPad-Modelle im Vorjahr und der dadurch hohen Vergleichsbasis zusammenhängt. Neben dem stark anziehenden Geräteabsatz sind die um 13 % höheren Service-Umsätze ein weiterer, gewohnt zuverlässiger und starker Wachstumsmotor.

Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung in China: Trotz des stärkeren Wettbewerbs konnte Apple dort ein Wachstum von 5 % verzeichnen. Das ist ein deutliches Signal gegen die Unkenrufe vieler Analysten. In allen anderen Regionen lag das Umsatzwachstum sogar zwischen 9 % und 20 %.

Trotzdem hat die Aktie nach den Zahlen nachgegeben. Warum?

Dirk Schmitt: Die Märkte reagierten enttäuscht auf die angeblich fehlende Positionierung von Apple im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Unser Eindruck: Viele Analysten missverstehen Apples Rolle. Anders als etwa Microsoft oder Alphabet muss Apple nicht der erste Anbieter großer Sprachmodelle oder Cloud-KI-Dienste sein. Die Stärke von Apple liegt in der perfekten Integration neuer technischer Anwendungen in sein Ökosystem.

Gibt es denn Nachholbedarf bei der KI-Infrastruktur?

Dirk Schmitt: Apple hat angekündigt, signifikant mehr in eigene Rechenzentren und KI-Kapazitäten zu investieren – und ist auch für Akquisitionen und Übernahmen offen. Die finanziellen Mittel dazu sind reichlich vorhanden: Die Bilanz strotzt nur so vor Kraft, die Kasse ist prall gefüllt. Die Strategie bleibt Apple-typisch: Man muss nicht der Schnellste, sondern will der Beste sein. Erinnern Sie sich: Das iPhone selbst war seinerzeit auch nicht das erste Smartphone, aber das erste, das wirklich überzeugen konnte. Damit revolutionierte Apple als ‚Second-Mover‘ den Markt für Smartphones, während ‚First-Mover‘ wie Motorola oder Nokia in der Versenkung verschwanden.

Worin liegt das langfristige KI-Potenzial von Apple?

Dirk Schmitt: Mit rund 2,3 Milliarden aktiven Geräten verfügt Apple über eine gigantische, weiterwachsende Nutzerbasis und damit über einen einzigartigen Datenschatz. Daraus lassen sich mit KI künftig noch präzisere, intelligentere Services entwickeln. Apple erweitert sein Ökosystem somit kontinuierlich in den Alltag der Nutzer – leise, aber effektiv.
Während Analysten quasi mit der Stoppuhr in der Hand auf KI-Funktionen warten, konzentriert sich Apple auf die Entwicklung nachhaltiger Nutzererlebnisse. Qualität geht vor Geschwindigkeit – eine Haltung, die sich bei Apple über Jahre bewährt hat. Die Rolle des ‚Second Mover‘ mag in den Augen vieler Analysten unattraktiv aussehen, wirtschaftlich ist sie für Apple jedoch enorm erfolgreich.

Wie läuft es mit Blick auf Zölle und Margen?

Dirk Schmitt: Es ist eine operative Meisterleistung, wie Apple seine Lieferketten im Eiltempo an die Herausforderungen durch die erratische Zollpolitik der USA anpasst. Auch die zollbedingten Mehrkosten fielen im dritten Quartal infolgedessen mit rund 800 Mio. US-Dollar geringer aus als von Apple ursprünglich erwartet. Trotz dieser zusätzlichen Zollbelastung konnte Apple die Bruttomarge um satte 370 Basispunkte auf 46,5 % steigern, unter anderem durch eine verbesserte Umsatzstruktur mit einem hohen Anteil teurer Geräte und stark wachsender Services. Letztere weisen eine doppelt so hohe Marge wie Hardware auf.

Mit einer Free Cash Flow-Marge von 28,7 % (bereinigt um das Working Capital) bleibt Apple eine der profitabelsten Firmen weltweit, obwohl die F&E-Ausgaben für KI gestiegen sind. Im globalen Vertrieb zeigt Apple Reaktionsschnelligkeit und stellt sich angesichts veränderter Handelsbedingungen neu auf: Rund 16 bis 17 % der iPhones werden inzwischen in Indien gefertigt. Das ist ein Anstieg von 53 % im ersten Halbjahr 2025. Bis 2027 soll Indiens Anteil auf 25 % wachsen. Schon jetzt stammen 50 % der in den USA verkauften iPhones aus indischer Produktion.

Wie bewerten Sie die aktuelle Aktienrückkaufstrategie?

Dirk Schmitt: Apple hat die Rückkäufe zuletzt leicht zurückgefahren. Im ersten Halbjahr wurden jedoch noch 15 % mehr Aktien zurückgekauft als im Vorjahreszeitraum. Auf Sicht von neun Monaten bleibt das Niveau hingegen konstant. Vor dem Hintergrund politischer Unsicherheiten, insbesondere mit Blick auf Donald Trumps erratische Zoll- und Handelspolitik, dürfte Apple derzeit bewusst vorsichtiger agieren und Liquidität vorhalten. Aus unserer Sicht als unternehmerisch denkende Investoren ist das ein richtiger Schritt.

 

Dr. Dirk Schmitt ist Portfoliomanager der Wagner & Florack Unternehmerfonds.

Dr. Dirk Schmitt ist Portfoliomanager des Wagner & Florack Unternehmerfonds und des Wagner & Florack Unternehmerfonds flex.

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