Daniela Bleymehl im Interview: „Dranbleiben, wenn es schwer wird“

25. August 2025
<br><b>Daniela Bleymehl im Interview: </b>„Dranbleiben, wenn es schwer wird“</b>

Weltklasse-Triathletin Daniela Bleymehl und Dominikus Wagner sprechen im dritten Teil des Interview darüber, warum Ausdauer und Langfristdenken wichtiger sind als kurzfristiger Erfolg.

Daniela, wie weißt du als Spitzensportlerin , dass du im Training und im Wettkampf auf dem richtigen Weg bist?

Daniela Bleymehl: Ich kann unglaublich viel messen und analysieren – aber entscheidend ist, dass ich mir die richtigen Dinge anschaue. Und das vor allem langfristig. Ein oder zwei Wochen vorübergehende Analyse bringen da wenig. Für mich ist die wichtigste Grundlage: verletzungsfrei und gesund zu bleiben. Das ist entscheidend, egal wie persönlicher Erfolg definiert wird. Nur so kann ich meinen Sport dauerhaft ausüben. Also muss ich schauen, was ich neben Schwimmen, Radfahren und Laufen dafür tun muss.

Natürlich helfen Kennzahlen: Ruhepuls, Herzfrequenzvariabilität, Wattwerte, Splitzeiten, Gesamtbelastung – da gibt es viele Parameter. Vieles kann einem die Technik heute  abnehmen, KI inklusive. Aber nicht jeder braucht alles. Ich muss ein Gefühl für den eigenen Rhythmus entwickeln, auch um mental mit den Belastungen umgehen zu können.
Eine Saison mit vielen Wettkämpfen kann auslaugen – und wenn du nebenher noch arbeitest oder andere Verpflichtungen hast, ist das besonders herausfordernd. Auch hier ist Ausbalancieren das Stichwort: ein gutes Gleichgewicht zwischen Be- und Entlastung.

Gibt es beim Investieren mitunter unrealistische Erwartungen?

Dominikus Wagner: Unrealistische Erwartungen? Ich würde eher sagen: falsch gewichtete. Gerade in guten Börsenphasen wird oft nur auf Rendite geschaut – und weniger auf das Risiko, das dafür eingegangen wurde. Dabei ist unsere oberste Priorität: Kapital zu erhalten. Wie bei Daniela die Gesundheit. Das bedeutet für uns: langfristige Investitionssicherheit, kombiniert mit ordentlichen Renditen und einem exzellenten Chancen-Risiko-Verhältnis.

Welche Kennzahlen sind für dich als Investor entscheidend?

Wagner: Als Aktieninvestor, also Miteigentümer von Unternehmen, interessieren mich vor allem: Gewinn, Free Cash Flow, Margen, Kapitalrendite. Wie verzinst sich das eingesetzte Kapital? Und: Wie nachhaltig ist das? Aber das ist nur die Oberfläche. Wichtig ist: Warum ist das Unternehmen erfolgreich? Nicht nur „wie viel“, sondern „warum“. Die Antwort liegt im Geschäftsmodell, in der Branche, in der Art, zu wirtschaften, in der Fähigkeit, sich anzupassen und zu wachsen – wie bei einem Athleten, der Talent mit Disziplin und Ausdauer kombiniert.

Dranbleiben, wenn es schwer wird – das ist im Sport wie an der Börse entscheidend. Daniela, wie überstehst du Leistungstiefs im Wettkampf oder im Training?

Bleymehl: Das ist eigentlich die Definition von Ausdauersport: Ermüdungswiderstandsfähigkeit. Also weitermachen, wenn es unangenehm wird. Wenn du aus der Komfortzone rauskommst, die Motivation schwindet, das Ziel noch weit weg ist – dann wird’s mental schwer. Die Beine werden schwer, der Kopf müde, Zweifel kommen auf.

Was hilft beim Tief im Wettbewerb?

Bleymehl: Es hilft, sich kleine Zwischenziele zu setzen – bis zur nächsten Verpflegungsstation, bis zu einem Punkt, wo ein Betreuer steht. Das große Ganze ausblenden und sich auf das Naheliegende konzentrieren. Und dann aus jedem Etappenziel neue Motivation schöpfen. Auch mentales Training hilft. Visualisierungen, positive Bilder, Musik, Routinen – jeder muss herausfinden, was für ihn funktioniert. Und ganz wichtig: Akzeptieren, wenn etwas schiefläuft. Es läuft nie alles nach Plan. Vielleicht habe ich eine Reifenpanne
oder liege zurück. Dann muss ich die Situation annehmen und das Beste daraus machen.

Hast du aktiv Mentaltraining gemacht?

Bleymehl: Ja, in unregelmäßigen Abständen – mit Sportpsychologen oder Mentaltrainern. Aber vieles habe ich mir über die Jahre selbst angeeignet. Routinen geben Struktur und Sicherheit – das hilft enorm. Und wenn mal etwas nicht funktioniert, reflektiere ich und passe an. Das ist auch eine Form von Mentaltraining.

Dominikus, was ist dein „Mentaltraining“, wenn es mal nicht läuft?

Wagner: Das sind vor allem die Kolleginnen und Kollegen. Nicht, weil sie mich streicheln, sondern weil wir uns gegenseitig bestärken, aber auch gegenseitig kritisch hinterfragen. Rückschläge gibt es viele – auch am Markt. Die schlimmsten sind für unsere Kunden oft die allgemeinen Börseneinbrüche. Für uns gehören diese Marktschwankungen dazu. Denn wir wissen: Unsere Firmen bleiben stabil, arbeiten profitabel, entwickeln sich weiter, und damit langfristig auch der Börsenkurs.

Schwieriger sind Rückschläge, die wir vielleicht selbst mitverursacht haben – etwa bei der Analyse. Wenn wir feststellen: Das Investment war nicht ideal, auch wenn kein Totalausfall entstanden ist. Oder wenn der schwache Kurs nicht zur positiven Entwicklung der Firma passt und wir es uns nicht erklären können – das ist belastend.

Dann heißt es: kritisch prüfen, sich neu sortieren, gemeinsam zu einer Einschätzung kommen. Wenn wir überzeugt sind, dass unsere Analyse weiterhin stimmt, bleiben wir auf Kurs. Wenn nicht, ziehen wir Konsequenzen. Und was ganz wichtig ist: keine Arroganz, keine Selbstüberschätzung. Jeden Tag neu anfangen. Diszipliniert arbeiten, klar priorisieren – das ist meine Grundlage für mentale Stabilität.

Was zählt am Zielstrich oder dahinter? Im Sport sind es Ziele, Siege, Bestleistungen. Beim Investieren gibt es kein klares Ende – es ist ein „Infinite Game“. Daniela, wie sieht dein „Infinite Game“ nach der aktiven Karriere aus?

Bleymehl: Seit 2009 bin ich im Besitz einer Profilizenz, seit 2013 gehe ich diesen Weg hauptberuflich. Das ist einerseits eine lange Zeit, andererseits ist sie endlich. Ein großes Ziel von mir ist es, den Zeitpunkt für das Ende meiner aktiven Karriere selbst zu bestimmen und nicht gezwungen durch Verletzungen oder äußere Umstände aufhören zu müssen. Ich möchte dem Triathlon verbunden bleiben, auch wenn ich irgendwann die Rolle wechseln muss. Das Spielfeld soll bleiben – nur vielleicht in neuer Funktion. Und ich hoffe, dass ich am Ende
sagen kann: Ich hatte eine kontinuierlich erfolgreiche Karriere, habe mich nicht aufgerieben, sondern bin physisch und mental bereit für das, was danach kommt.

Wie definierst du das „Infinite Game“ als Investor?

Wagner: Wir beteiligen uns an Unternehmen, die langfristig Vorteile bringen, wir denken wie ein Miteigentümer – nicht wie ein Spekulant. Unsere Aufgabe ist es, genau solche Firmen zu identifizieren und regelmäßig zu überprüfen, ob sie langfristig solide bleiben . Ein Beispiel ist unser Portfoliounternehmen Church & Dwight, das seit 125 Jahren bzw. 500 Quartale hintereinander ununterbrochen Dividende ausgezahlt hat. Über alle Krisen und Kriege hinweg. Das kommt dem Idealfall des „Infinte Game“ beim Investieren schon recht nahe.

Weltklasse-Triathletin Daniela Bleymehl

Daniela Bleymehl ist fünffache Ironman-Siegerin und deutsche Meisterin im Triathlon Mitteldistanz. Sie lebt mit ihrer Familie in Darmstadt und erwartet im Herbst ihr drittes Kind.

Dominikus Wagner ist Gründer und Vorstand von Wagner & Florack. Er lebt mit seiner Familie bei Bonn.

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