Ob US-Dollar, Euro oder Franken – wir investieren nicht in Währungsräume, sondern in Weltklassefirmen mit robustem Geschäftsmodell. Alphabet und Nestlé zeigen: Unternehmen, die weltweit starke Marken sowie innovative Produkte und Dienstleistungen anbieten, bleiben auch in einem wechselhaften Währungsumfeld langfristig erfolgreich.
- US- und Euro-Gewichtung ergibt sich aus Unternehmensqualität, nicht aus Währungsquoten.
- Beispiel Alphabet: Global profitabel – der US-Dollar ist nur die Bilanzwährung.
- Beispiel Nestlé: Innovation & Markenstärke schlagen starken Franken – seit Jahrzehnten.
Der Dollar verliert, Europa gewinnt – ein Investitionsgrund?
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Investoren,
in Gesprächen mit Investoren und Vertriebspartnern begegnet uns häufig die Frage: „Warum ist der US-Anteil in Ihrem Fonds noch immer so hoch – gerade jetzt, wo der Dollar schwächelt und Kapital vermehrt nach Europa rotiert?“
Hinter dieser Frage stehen aktuelle Entwicklungen, die auch an den Kapitalmärkten Spuren hinterlassen:
• Die erratische Zollpolitik Donald Trumps verunsichert Investoren weltweit – besonders angesichts der wirtschaftlich kontraproduktiven Maßnahmen gegenüber traditionellen Handelspartnern. Die Sorge um eine dauerhafte Schwächung der US-Wirtschaft und Zweifel an der Schuldnerqualität der USA, siehe die jüngste Herabstufung durch die Ratingagentur Moody’s, belasten die Weltreservewährung US-Dollar.
• Sich leerende Supermarkt-Regale, fehlende Vorprodukte und zurückgefahrene Produktion sowie steigende Preise zeigen: Den größten Schaden der zollpolitischen Geisterfahrt haben die USA. Vor allem aber droht den USA der Finanz-Supergau steigender Zinsen, wenn China wie zuletzt geschehen seine Muskeln spielen lässt und US-Staatsanleihen verkauft.
• Der US-Dollar hat in diesem Umfeld an Stärke verloren, während der Euro – getrieben von den Umschichtungen des „scheuen“ Kapitals und geopolitischen Entwicklungen – in den vergangenen Monaten in der Gunst der Investoren zulegen konnte.
• Die Verunsicherung führte in den letzten Wochen zu einer merklichen Rotation hin zu europäischen Aktien, begleitet von der kritischen Frage, ob ein hoher US-Anteil im Portfolio in diesem Umfeld überhaupt noch gerechtfertigt sei.
Unsere Antwort darauf ist klar – und wir möchten sie mit einer grundsätzlichen Bemerkung beginnen: Wir investieren dort, wo wir Weltklasseunternehmen mit robusten Geschäftsmodellen finden – mit tiefen Burggräben, hohen Kapitalrenditen, klarer strategischer Ausrichtung und starkem, innovativem Produktportfolio.
Die USA sind Heimat einer überdurchschnittlich hohen Zahl an strukturell starken Firmen: skalierbar, technologiegetrieben, kapitaldiszipliniert, wachstumsfähig; seit vielen Jahren finden Gründer wie etablierte Unternehmen ein wachstumsfreundliches wirtschaftliches Umfeld vor, von dem aus die Unternehmen dann global erfolgreich agieren.
Beispiel Google: Der Sitz spielt für Attraktivität und Erfolg der Produkte keine Rolle
Unsere Portfoliobeteiligung Alphabet (Google) ist dafür ein sehr gutes Beispiel: Das Unternehmen bilanziert in US-Dollar, erzielt aber einen erheblichen Teil seiner Werbe- und Cloud-Umsätze weltweit – auch in Europa; rund 30 % des Geschäfts entfallen auf die EMEA-Region (Europa, Mittlerer Osten und Afrika). Wenn nun der US-Dollar abwertet, so hat dies aus der Sicht des im Euro beheimateten Investors zwar zunächst unmittelbar negative Auswirkungen auf die Performance der Aktie in Euro.
Auf unternehmerischer Ebene bringt ein schwächerer Dollar jedoch den Vorteil mit sich, dass die in Europa erzielten Umsätze bei der Umrechnung in die Bilanzwährung US-Dollar aufgewertet werden, d.h. in Dollar mehr wert sind. Und je nachdem, wo und in welchen Währungen die Kosten und Investitionen zur Erzielung der Auslandsumsätze anfallen, hat dies auch entsprechende Auswirkungen auf die Margen und den Gewinn.
Im operativen Geschäft sorgt die Euro-Aufwertung somit für Rückenwind, der sich jedoch erst mit einem gewissen Zeitverzug in den Geschäftszahlen der global aktiven US-Unternehmen ablesen lässt und sich erst entsprechend zeitverzögert in den Excel-Tabellen der Finanzanalysten niederschlägt. Über die Zeit hinweg wirkt dieser operative Rückenwind der unmittelbaren „Abwertung“ des Aktienkurses entgegen – und umgekehrt.
Ein schwacher US-Dollar und die Folgen
• Ein US-Unternehmen bilanziert in US-Dollar
• Es erzielt 10 Mio. EUR Umsatz in Europa
• Die Kosten betragen 7 Mio. EUR in Europa
• Wir betrachten nur den Europa-Effekt
• EUR/USD = 1,10 (1 EUR = 1,10 USD)
• Umsatz in USD: 10 Mio. EUR × 1,10 = 11 Mio. USD
• Kosten in USD: 7 Mio. EUR × 1,10 = 7,7 Mio. USD
• Gewinn in USD: 11,0 – 7,7 = 3,3 Mio. USD
• EUR/USD = 1,20 (Euro wird stärker, Dollar schwächer)
• Umsatz in USD: 10 Mio. EUR × 1,20 = 12 Mio. USD
• Kosten in USD: 7 Mio. EUR × 1,20 = 8,4 Mio. USD
• Gewinn in USD: 12,0 – 8,4 = 3,6 Mio. USD
• Der Euro-Umsatz und die Euro-Kosten bleibt gleich, die Marge verändert sich nicht
• Aber in Dollar gerechnet steigt der Gewinn: von 3,3 Mio. auf 3,6 Mio. USD
• Warum? Weil jeder Euro beim Umrechnen mehr Dollar bringt
Die wirtschaftliche Leistung in Europa hat sich nicht verändert
• Aber in der Bilanz des Unternehmens in USD fällt der Effekt positiv ins Gewicht
• Dieser Effekt schlägt sich dann in der Gewinn- und Verlustrechnung nieder – und kann den Aktienkurs in USD beeinflussen
Selbstverständlich wirkt dieser Mechanismus bei einer US-Dollar-Aufwertung spiegelbildlich.
Langfristiger Treiber ist das Geschäftsmodell
Der langfristig entscheidende Treiber für den Unternehmenserfolg aber ist das Geschäftsmodell basierend auf nützlichen, marktführenden Produkten und Dienstleistungen. Seine Robustheit und Ertragskraft entscheiden darüber, ob bzw. wie stark und verlässlich der Gewinn eines Unternehmens langfristig wächst. Als eines der innovativsten und leistungsfähigsten Technologieunternehmen der Welt erzielt Alphabet – trotz der aktuell enormen Investitionen in den Ausbau der KI-Infrastruktur – verlässlich hohe Gesamtkapitalrenditen (RoCe) (weit) jenseits von 30 % bei einer makellosen und vor Kasse strotzenden Bilanz, die über jeden Zweifel erhaben ist. Genau darauf kommt es für und als Langfristinvestoren an – völlig unabhängig davon, ob der US-Dollar nun gerade gegen den Yen, das Pfund oder den Euro auf- oder abwertet.
Der Firmensitz sagt noch nichts über die Güte desGeschäftsmodells
Die meisten unserer US-Portfoliounternehmen sind international breit diversifiziert und erlösen einen Großteil ihrer Umsätze außerhalb der USA. Ihre wirtschaftliche Entwicklung hängt also nicht allein vom US-Konsum oder der US-Konjunktur ab – sondern generell von der Fähigkeit, weltweit innovative Produkte und Dienstleistungen zu kreieren und zu verkaufen. Sei es im Daily Used Tech-Bereich, der Finance-IT oder bei den Consumer Staples: Die Produkte und Dienstleistungen von Apple, Colgate-Palmolive, Danaher, Microsoft, Procter & Gamble oder Visa sind im Alltag von Milliarden Menschen und Millionen Unternehmen unverzichtbar. Der Unternehmenssitz spielt für die Attraktivität und den Erfolg der Produkte keine Rolle.
Wechselkurse beeinflussen kurzfristig, Qualität ist langfristig entscheidend
Ja, es stimmt: In den letzten Wochen hat der US-Dollar gegenüber dem Euro und anderen Währungen wie dem Schweizer Franken deutlich abgewertet; eine Entwicklung, die auch die Anteilspreise der Unternehmerfonds belastete. Für Investoren aus dem Euro-Raum bedeutet die Dollarabwertung bei der Rendite von US-Investments zwar temporären Gegenwind – die Qualität eines Geschäftsmodells und sein Wert verändern sich dadurch – unternehmerisch gesehen – aber nicht.
Im Übrigen: Solche Phasen sind nichts Ungewöhnliches, es hat sie auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben, ohne dass dies der Performance des Unternehmerfonds und des Unternehmerfonds flex auf mittlere und lange Sicht abträglich gewesen wäre. Denn zum einen kommt es bei multinational aufgestellten Unternehmen zu dem oben beschriebenen gegenläufigen Effekt in Bezug auf das operative Geschäft. Und zum anderen entwickeln sich Wechselkurse typischerweise auch nicht immer nur in eine Richtung. Als eine Ausnahme ist hier sicher der Schweizer Franken zu nennen, der seit der Finanzkrise – freilich unter Schwankungen und Phasen mit Gegenbewegungen – um rund 40 % gegenüber dem Euro aufgewertet hat – mit massiven Folgen für global agierende Schweizer Firmen wie z.B. unser Portfoliounternehmen Nestlé.
Beispiel Nestlé: Die Stärke kommt aus dem Geschäftsmodell
Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé bilanziert im seit jeher starken und strukturell aufwertenden Schweizer Franken (CHF) und notiert in CHF an der Börse. Für das operative Geschäft von Nestlé hat dies zur Folge, dass die im Ausland erzielten Umsätze bei der Umrechnung in CHF partiell im Nirwana verschwinden. Auch mit Blick auf den Free Cash Flow, also den Unternehmensgewinn, bedeutet es einen erheblichen Gegenwind, wenn sich – wie wir bereits in unserem Investorenbrief vom 28.03.2024 ausführlicher thematisiert haben – auf Sicht der letzten Dekade im Schnitt jedes Jahr rund 3,5 % vom Umsatz in Luft aufgelöst haben.
Weil die Hauptverwaltung sowie Teile der Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Hartwährungsland Schweiz sitzen und dort zudem die Nespresso-Kapseln für den globalen Markt hergestellt werden, belastet der starke Franken die Profitabilität. Andererseits „zwingt“ er das Unternehmen zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung seines Geschäftsmodells, um dieser notorischen Margenbremse mit Innovationskraft und Effizienzverbesserungen entgegenzuwirken. Das kapitalleichte Geschäftsmodell verleiht Nestlé dabei ein besonders hohes Maß an Veränderungsfähigkeit.
Es ist daher kein Wunder, dass Nestlé über Jahrzehnte hinweg zu den erfolgreichsten Consumer Staples auf dem weltweiten Kurszettel gehört: durch starke Marken, globale Marktpräsenz und konsequente Innovationsarbeit. Die Stärke kommt eben aus dem Geschäftsmodell – nicht aus dem Wechselkurs.
Wechselkurse sind kurzfristig, Geschäftsmodellqualität ist strukturell
Deshalb achten wir darauf, dass unsere zum aller größten Teil global aufgestellten Portfoliounternehmen nicht auf bestimmte Wechselkursentwicklungen angewiesen sind, um profitabel arbeiten zu können. Unsere Unternehmen müssen nicht darauf hoffen, dass der US-Dollar oder der Euro in einem halben Jahr eine bestimmte Richtung einschlagen werden, um erfolgreich zu sein. Sie können sich auf ihr Geschäft konzentrieren. Gleichzeitig befreien wir uns von dem unnötigen Rätselraten über die vielfältigen makroökonomischen, handels- und geopolitischen Einflussfaktoren von Wechselkursen. Frei von derartigem Denk-Ballast können wir uns stattdessen auf das Wesentliche konzentrieren: die Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle. Kurzum: Wir spekulieren nicht auf Wechselkursveränderungen. Wir investieren in Unternehmen.
Unser Fazit
Wir rotieren nicht aus den USA nach Europa, wenn sich der Wechselkurs zwischen dem US-Dollar und dem Euro verschiebt; und auch nicht umgekehrt, wenn der Dollar irgendwann auch wieder aufwerten wird. Aktuell kommt den US-Unternehmen der wechselkursbedingte „Rückenwind“ bei ihren Umsätzen aus dem Euroraum zugute – was sich mit etwas Zeitverzug auch in der Bilanz widerspiegeln wird. Das nimmt jeder Investor gerne mit. Aber: langfristig entscheidet einzig und allein die Qualität des Unternehmens und nicht ein bestimmtes Wechselkursregime über Gewinne, Margen und Free Cash Flows.
Wenn „der Markt“ das Kapital von den USA nach Europa verschiebt, geschieht das meist aus kurzfristig-taktischen Motiven: Auslöser sind Kapitalströme, die auf kurzfristigen Bewertungsunterschieden, Zinsvermutungen, geopolitischen Erwägungen und Prognosen aller Art beruhen. Solche Rotationen überlassen wir gerne Tradern, Hedgefonds und anderen Spekulanten. Denn die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Wetten ist ein unkalkulierbares Risiko. Wir dagegen sind und bleiben Investoren, ob der Euro nun gerade steigt oder fällt.
Wir steuern unsere Unternehmerfonds nicht nach Regionen oder Branchen, sondern einzig und allein nach dem, was für uns zählt: das robuste Geschäftsmodell, die Qualität eines Unternehmens, dessen Marktstellung, die Fähigkeit, Free Cash Flows zu generieren und die Fähigkeit, langfristig profitabel zu wachsen.
Der vermeintlich „hohe“ US-Anteil im Unternehmerfonds und im Unternehmerfonds flex ist also kein strategisches Ziel einer bestimmten Währungsallokation, sondern das Ergebnis unserer konsequenten Selektion nach Qualität. Gäbe es Daily Used Tech-Firmen in „Alphabet“-Qualität in Europa, Asien oder am Südpol, wären diese Unternehmen ebenso in unserem Portfolio, und die Gewichtung würde sich entsprechend verschieben – nicht aus Währungsgründen, sondern aus Überzeugung.
Wechselkurse, Marktrotationen, politische Umfragen – all das gehört zum täglichen Hintergrundrauschen an der Börse. Wir nehmen es wahr – aber es beeinflusst unsere Investmententscheidungen nicht.
Lesen Sie hier die komplette Ausgabe des Investorenbriefs
250521_Investorenbrief_Mai-1.pdf