KI ist in aller Munde – das beeinflusst auch in weiten Teilen die Analystenmeinungen. Nun hat Alphabet seine Q2-Zahlen vorgelegt. Wie wir die Zahlen und die Investitionen in KI bewerten, erklären wir in unserem Blog.
In unserem aktuellen Investorenbrief haben wir uns ausführlich mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz bei unserem Portfoliounternehmen Adobe beschäftigt. Eine wichtige Erkenntnis war, dass nach der Investitionsphase und der Produkteinführung schließlich auch die Monetarisierung folgt. Als langfristig und unternehmerisch denkende Investoren wissen wir, dass zwischen diesen Phasen Zeit vergeht. Dieser Mechanismus ist bei unseren Technologiefirmen eingespielt und liefert auch die entsprechenden Ergebnisse. Allerdings verlaufen diese Phasen nicht linear und reibungslos – aktuell sehen wir, dass die Einführung von KI-Modellen etwa bei Alphabet – aus unserer Sicht wenig überraschend – auch mit Herausforderungen einhergeht, wie zum Beispiel der Ankündigung, dass OpenAI eine konkurrierende KI startet oder dass der Algorithmus angepasst werden muss.
Viele Analysten befürchten beim Auftreten dieser Herausforderungen oftmals das vollständige Scheitern dieser Projekte und nehmen ihre früheren (euphorischen?) Schätzungen zurück. Als unternehmerisch denkende Investoren sind für uns nicht die schwankenden Analystenmeinungen entscheidend – für uns ist entscheidend, wie unsere Tech-Unternehmen selbst mit diesen Herausforderungen umgehen.
Künstliche Intelligenz – wer nicht investiert, verliert
In der vergangenen Woche hat nun Alphabet seine Zahlen vorgestellt und ausführlich auch über die Pläne und den Stand der Aktivitäten im Bereich der generativen Künstlichen Intelligenz berichtet. Hier investiert Alphabet massiv. Welche große Bedeutung das Alphabet-Management diesem Thema für die Zukunft des Konzerns beimisst, hat CEO Sundar Pichai im Investorencall betont: „The risk of underinvesting is dramatically greater than the risk of overinvesting for us here. Even in scenarios where if it turns out we are overinvesting, these are infrastructure which are widely useful for us, they have long useful lives, and we can apply it across and we can work through that.”
Fast jeder dritte Umsatz-Dollar fließt in Forschung & Entwicklung und Investitionen
So steigerte Alphabet im zweiten Quartal den Aufwand für Forschung und Entwicklung (F&E) um 12 % auf fast 12 Mrd. US-Dollar bzw. 14 % vom Umsatz. In einem einzigen Quartal steckt Alphabet somit fast genauso viel Geld in F&E wie SAP in den beiden letzten Geschäftsjahren zusammen. Hinzu kommen Investitionen in Höhe von 13 Mrd. US-Dollar (15 % vom Umsatz), so dass Alphabet fast jeden dritten Umsatz-Dollar für Forschung & Entwicklung sowie Investitionen aufwendet. Das Risiko, im Bereich generativer KI zu wenig zu investieren, bewertet Alphabet als dramatisch größer, als das Risiko, zu viel zu investieren, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass der Konzern tatsächlich überinvestiert hat. Mit dieser zentralen Aussage machte CEO Sundar Pichai die langfristige Bedeutung der massiven Investitionen in generative AI (GenAI) für sein Unternehmen deutlich. Denn mit den getätigten Investitionen verfügt Alphabet über Infrastrukturen, die vielfältig nutzbar sind und eine lange Nutzungsdauer haben, sodass Alphabet sie entsprechend vielseitig einsetzen kann, erklärte Pichai.
Analysten wollen kurzfristige Zahlen, statt langfristiger Ergebnisse
Während Alphabet das Thema Generative KI mit Investitionen im operativen Geschäft vorantreibt, ist die Analystenschar an ihren Schreibtischen schon einen Schritt weiter: Sie will möglichst schnell einen klaren Monetarisierungsfahrplan bekommen, mit dem sie ihre Excel-Modelle bestücken kann. Geduld und unternehmerisch-langfristige Perspektiven scheinen für die Finanzanalysten bei dieser Beurteilung eine geringere Rolle zu spielen als der kurzfristige Fokus auf die „richtigen“ Zahlen. Diese lassen sie in ihre DCF-Modelle einfließen, um damit zu prüfen, ob das Unternehmen auch auf dem „richtigen“ Kurs ist.
Auch wir haben wir uns „die Zahlen“ genau angeschaut und sie aus langfristigem Blickwinkel untersucht – wir sehen uns darin bestätigt, dass der Konzern den Kurs hält: Mit einem Umsatz von 84,7 Mrd. US-Dollar und einem operativen Wachstum (oW) von 15 % übertrifft Alphabet in Q2 2024 die Konsenserwartungen der Analysten. Haupttreiber sind die Entwicklung im Geschäftsbereich Search und das Momentum im Cloud-Geschäft.
Umsatzplus von 14 % im Suchmaschinen-Geschäft
Bei Search liegt der Umsatz mit 48,5 Mrd. US-Dollar und einem Plus von fast 14 % deutlich über den Erwartungen der Analysten. Insgesamt legen die Werbeumsätze auf 64,6 Mrd. US-Dollar zu. Allerdings blieb die Videoplattform YouTube mit 8,7 Mrd. US-Dollar Umsatz hinter den Analystenschätzungen zurück. Ungeachtet dessen wird auch dieses Geschäft weiter florieren, denn über die Plattform YouTube werden Kreative mit einem potenziellen Millionen- und Milliardenpublikum zusammengebracht, um ihre Produkte zu bewerben und zu erfolgreichen Geschäftsabschlüssen zu gelangen. Mittlerweile ist YouTube auch Marktführer unter den Streamingdiensten auf TV-Geräten mit einem Marktanteil von 10 %. Für die Analysten ist das schwächere Quartal von YouTube jedoch direkt wieder ein Aufhänger, um ihre Prognosen für die YouTube-Umsätze für die nächsten Jahre gleich mal ein wenig zurecht zu stutzen….
Cloud-Sparte erstmals mit mehr als 10 Mrd. US-Dollar Umsatz
Die Cloud-Sparte übertrifft in Q2 mit 10,3 Mrd. US-Dollar Umsatz und einem Zuwachs von sehr starken 28,8 % erstmals die 10 Mrd. US-Dollar-Marke. Mittlerweile erzielt Alphabet im Cloud-Geschäft eine zweistellige operative Marge (oM) von 11,3 % (versus 5 % im Vorjahr). Aufgrund seiner langjährigen Forschung auf dem Gebiet maschinellen Lernens und seinem globalen Infrastrukturnetzwerk zählt Google bei Cloud und KI zur absoluten technologischen Speerspitze. Mehr als 1,5 Mio. Entwickler nutzen bereits die Gemini-Modelle für ihre Arbeit. Auch in den eigenen Produkten und Diensten sorgt Gemini für Verbesserungen, von denen die mehr als zwei Milliarden monatlichen Nutzer profitieren.
Bei den Kosten herrscht Disziplin
Auf Konzernebene beträgt die oM gewohnt starke 35 %. Die Kosten hält Alphabet also gut im Zaum und investiert gleichzeitig massiv in den Ausbau seiner Spitzenstellung; 2024 sind rund 48 Mrd. US-Dollar für Investitionen in Server und Datenzentren vorgesehen.
Der Free Cash Flow (FCF) geht im Vergleich zum Vorjahr auf 13,4 Mrd. US-Dollar zurück (Q2 2023: 21,8 Mrd. US-Dollar), was v.a. auf das Hochfahren des Capex zurückzuführen ist und eine etwas gedrückte FCF-Marge von 16 % zur Folge hat. Die Cash Conversion Rate (CCR) beträgt 91 %.
Nettofinanzposition von mehr als 93 Mrd. US-Dollar
Mit einer Nettofinanzposition von 93,3 Mrd. US-Dollar sitzt Alphabet zudem unverändert auf einem gewaltigen Geldberg. Das Eigenkapital steigt gegenüber Ende 2023 um 6 % auf 300,8 Mrd. US-Dollar. Angenommen, Alphabet würde 2024 einen FCF von rund 75 Mrd. US-Dollar schaffen, entspräche dies einer Kapitalverzinsung von attraktiven 36,6 %. Im Vergleich zum Jahresanfang ist der Enterprise Value (EV) zwar vom 22-fachen auf das 28,8-fache des für 2024 erwarteten Free Cash Flows angestiegen. Für die Qualität und das Wachstumspotenzial der robusten Gewinnmaschine Alphabet halten wir diese Bewertung aus unternehmerisch-langfristiger Sicht jedoch für angemessen und keineswegs (zu) teuer. Dennoch hatten wir unsere Beteiligung zuletzt leicht reduziert, nachdem sich die Gewichtung innerhalb des Fondsportfolios infolge der anhaltenden Kurssteigerungen weiter erhöht hatte.