Wir hatten das Thema bereits im September-Investorenbrief aufgegriffen und es bleibt aktuell eines der beherrschenden Themen, wenn nicht das Hauptthema: Gestiegene Inputkosten und deren Auswirkungen auf Margen und Gewinne der Unternehmen sowie auch auf die Inflation.
Die Energie- und Rohstoffpreise sind stark gestiegen und steigen aktuell weiter, es existieren weiterhin Lieferkettenprobleme und Rohstoffe/Vorprodukte waren/sind nicht in erforderlicher Menge verfügbar, da Lieferanten während der Lockdowns Kapazitäten zurückgefahren und zunächst nur vorsichtig begonnen haben, diese wieder aufzubauen. Zugleich fehlen – wie in jedem Konjunkturaufschwung – Transportkapazitäten von Containern bis LKW. Die Folge sind stark gestiegene Inputkosten für Unternehmen und ein deutlicher Anstieg der Inflation.
Wie geht es weiter?
Zuerst ist unseres Erachtens festzuhalten, dass es durchaus normal ist, dass es für mehrere Quartale nach einer Rezession / in einer frühen Aufschwungphase zu erhöhten Inputkosten kommt. Diesmal könnte es einige Quartale länger als üblich bis zur Stabilisierung und Normalisierung dauern, da die Kapazitäten während der Lockdowns massiv heruntergefahren wurden und dann seit dem späteren Frühjahr ein quasi paralleler Aufschwung in allen drei großen Wirtschaftsregionen startete, der natürlich zunächst einmal einen großen Nachfrageüberhang bedeutete, welcher erst nach und nach mit steigendem Angebot inkl. steigender Transportkapazität abgebaut werden kann.
Der Höhepunkt der höheren Vorproduktkosten könnte bei einigen Vorprodukten mittlerweile überschritten sein, denn die Preise einiger Rohstoffe sinken zunehmend. So hat sich der ca. Mitte Juli einsetzende Preisrückgang bei einigen Industriemetallen (z. B. Kupfer, Nickel) und Agrarrohstoffen (z. B. Soja, Mais) in den vergangenen Wochen ausgeweitet. Dies dürfte sich nach und nach auch bei Basischemie, dann bei Verpackung und schließlich bei Transportkosten fortsetzen. Auch Rohstoffe für Lebensmittel werden wieder günstiger. Öl/Gas wird hingegen nach wie vor teurer, weil erstens die Opec (bisher) und zweitens Gazprom die Produktion langsamer ausweiten als die Nachfrage steigt, wobei der Nachfrageanstieg auch Folge des Auffüllens der Läger ist, die seit dem Frühjahr – nach strengerem Winter in Europa/Asien/USA – weniger gefüllt waren als meist üblich. Die Auffüllung soll bis Ende Oktober/Mitte November weitgehend abgeschlossen sein. Die Preise längerfristiger Futures zeigen nicht mehr nach oben.
Die beiden aktuellen Flaschenhälse sind 1. Abfertigungskapazitäten an Seehäfen (es fehlt wohl an Arbeitern) und 2. in einigen Ländern LKW-Fahrer. Die Logistiker haben während der Lockdowns scheinbar mehr Personal entlassen als in früheren Rezessionen; die Entlassenen haben sich daraufhin Jobs in anderen Branchen gesucht. Nun dauert es länger, den steigenden Personalbedarf in der Logistik zu decken.
Es ist aber davon auszugehen, dass diese Engpässe in den nächsten Quartalen sukzessive beseitigt werden. Für 2022 wird z. B. bei einigen Industriemetallen bereits ein Überangebot erwartet. Bei anderen Vorprodukten, z. B. bei Chips, soll es noch Engpässe zum Teil bis 2023 geben. Die Jahre 2010 oder 2004 waren ebenfalls Jahre, die durch Aufschwungfrühphasen, in welchen es „hakte“, geprägt waren. Der Schweinezyklus 2021/2022 ist jedoch offenbar gravierender/hartnäckiger.
Ergo: Trotz dieser Hartnäckigkeit läuft der Konjunkturzyklus tendenziell typisch ab, der initiale Schnellanstieg mit den üblichen temporären Verwerfungen (die plötzlich steigende Nachfrage nach zyklischen Vorprodukten trifft auf ein zunächst noch skeptisches Angebot, welches die Produktion erst mit steigenden Preisen nach und nach ausweitet, aber wegen der beständig steigenden Nachfrage wird dann doch mehr produziert und geleerte Läger werden aufgefüllt, was die Vorproduktpreise wieder normalisiert) wird zu einem Ende kommen. Die Geschäfte schwingen sich allmählich in einen Normalzustand, das net working capital der Firmen geht dann wieder in den Normalbereich zurück, volumenbedingte Skaleneffekte und bei guten Firmen höhere Preise/besserer Mix lassen Margen steigen und die Cash-Produktion weitet sich aus.
Gleichwohl scheint festzustehen: Aufgrund der deutlich gestiegenen Inputkosten dürfte das dritte Quartal bei vielen Firmen schlechter oder weniger gut ausfallen, sicherlich auch das vierte Quartal.
Was bedeutet das für unsere Portfoliofirmen? Unsere „Consumer-Techs“, wie z. B. Alphabet, Apple, Visa, Microsoft usw., sind tendenziell nur geringfügig von den gestiegenen Inputkosten tangiert, wenngleich auch Lieferengpässe ein Problem darstellen (z. B. bei Chips). Zudem verfügen die Consumer-Techs über hohe Margen. Zu unseren „Consumer Staples“ konnten wir bereits in unserem letzten Investorenbrief festhalten: „Und trotz der Kostenerhöhung ist es unseren Consumer Staples gelungen, die operativen Margen zu steigern – während Wettbewerber erhebliche Einbußen bei den Margen gemeldet haben. Unsere Consumer Staples konnten die deutlich höheren Inputkosten und auch negative Wechselkursänderungs-Effekte nicht nur ausgleichen, sondern überkompensieren! Dies ist auf den hohen Anteil an Premiummarken mit hoher Preissetzungsmacht zurückzuführen, weshalb höhere Preise durchgesetzt werden konnten, ebenso auf einen ständig verbesserten Preis/Mix und mengenbedingte Skaleneffekte wegen enormer Größenvorteile wie z. B. bei Procter & Gamble, Nestlé, L’Oréal und Colgate. Hinzu kommt, dass unsere Consumer Staples eine globale Präsenz (Ausnahme: Church & Dwight) in nahezu allen relevanten Absatzkanälen besitzen und so die Änderungen regionaler Nachfragestrukturen besonders robust ausgleichen konnten. Es zeigt sich also, dass die „guten“ Consumer Staples es trotz Gegenwindes schaffen, ihren Umsatz und ihre Margen auszuweiten!“ Das gelingt sehr vielen Unternehmen weltweit nicht.
Nun werden die in Kürze anstehenden Quartalszahlen zeigen, welche Auswirkungen die gestiegenen Inputkosten im abgelaufenen Quartal auf Margen und Gewinne der weltweiten Unternehmen hatten und ob bzw. inwieweit unsere Portfoliofirmen erneut die gestiegenen Inputkosten (über-)kompensieren konnten.
Da unsere Portfoliofirmen die steigenden Kosten per Preis, Mix, Absatzskalen und erhöhte Effizienz bisher überkompensiert haben und diese vier Effekte weiter wirken, könnte es in ein paar Quartalen bei nach und nach nachlassendem Kostendruck erste Guidance-Erhöhungen bei den Margen geben. Dann dürften sich auch die aufgeblähten net working capital-Bestände (wegen der hochschießenden Produktionsmengen und wegen des verbreiteten Lageraufbaus) wieder normalisieren.
Inflation: Es scheint verfrüht, um sagen zu können, ob die Inflation dauerhaft hoch bleibt oder sogar noch weiter steigt. Die beschriebenen Verzerrungen durch die Pandemie müssen abgewartet werden, jedoch scheint der Konjunkturzyklus, wie oben beschrieben, typisch abzulaufen mit entsprechenden (temporären) Auswirkungen auf die Inflation. Zudem existieren weitere potentielle Inflationsquellen, deren Entwicklung es abzuwarten gilt (z. B. staatlich induzierte Gründe (MwSt.-Erhöhung, CO2-Abgaben), Lohn-/Preisspirale, Geldumlaufgeschwindigkeit). Angesichts des niedrigen Zinsniveaus bleibt die Inflation in jedem Fall das Dauer-Thema für Anleger. Selbst wenn die Inflationsraten zukünftig nur bei zwei, drei oder vier Prozent lägen, würden sie den realen Wert von Nominalzinsanlagen deutlich schmälern. Das Minimalziel eines jeden Anlegers, Vermögen real zu erhalten, kann mit Nominalanlagen nicht erreicht werden; die kalte Enteignung vieler Sparer geht dynamisch weiter.
Aktien erstklassiger Firmen bieten hingegen einen sehr guten Schutz gegenüber der Inflation. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Gewinne trotz höherer Kosten zu steigern.
Auf die Wagner & Florack Unternehmerfonds bezogen: Zum einen haben unsere wettbewerbsüberlegenen Consumer Staples eindrucksvoll gezeigt, dass durch Preis, Mix, Absatzskalen und erhöhte Effizienz sowie gutes Management in puncto Beschaffung, Produktion und Distribution auch widrigen Umständen getrotzt werden kann. Zum anderen können unsere robusten Consumer Techs ihre Preise erhöhen und die Konsumenten kaufen die Produkte/Dienstleistungen dennoch. Auf Dauer führt dies – bei nachlassender Inflation – sogar zu noch höheren Margen der Consumer Techs.
Grundsätzlich beteiligen wir uns nur an Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen, einer überschaubaren Wettbewerbsintensität, einer geringen Kapitalintensität und hohen Skaleneffekten. Zudem verfügen unsere Portfoliounternehmen über starke Marken, eine hohe Innovationskraft, eine hohe Produkt- und Servicequalität und besitzen so eine hohe Preissetzungsmacht und somit einen sehr guten Inflationsschutz.