Das postulierten zumindest in ihrer ersten Reaktion etliche Analysten nach den vermeintlich schwachen Quartalszahlen Apples. Wie ist die Lage tatsächlich und was bedeutet das für uns?
Apples Umsatz ist im zurückliegenden Quartal um rund 5% gesunken auf 117,2 Mrd. US-Dollar. Somit verzeichnet Apple den ersten (vermeintlichen) Umsatzrückgang seit vier Jahren. Die Annahme, Apple habe seinen Zenit überschritten, liegt daher für manche auf den ersten Blick nahe. Vermeintlich: Um die tatsächliche Entwicklung des Geschäfts beurteilen zu können, muss das organische Umsatzwachstum in Lokalwährungen betrachtet werden. Denn Apple bilanziert in US-Dollar, weshalb ein Teil des in Lokalwährungen erwirtschafteten Umsatzes bei bilanzieller „Übersetzung“ in US-Dollar aufgrund des starken US-Dollars „verlorengegangen“ ist. Im nun berichteten Quartal kostete der starke US-Dollar enorme 8% Umsatz! Der „Umsatzrückgang“ ist also lediglich auf die Wechselkursänderung zurückzuführen – für die Apple nichts kann -, nicht auf eine Schwäche des Unternehmens. So war es auch vor vier Jahren. Vielmehr ist Apple bereinigt, also bei konstanten Wechselkursen, um rund 2,5% gewachsen. Das ist zwar deutlich langsamer als gewohnt, aber aufgrund der deutlichen Eintrübung des konjunkturellen Umfeldes, trotz erheblicher Lieferengpässe, erhöhter Inputkosten und aufgrund der hohen Vergleichsbasis aus dem Vorjahresquartal mit einem damals zweistelligen organischem Umsatzwachstum erfreulich.
Einige Details:
Die Unkenrufe etlicher Analysten, es komme beim iPhone aufgrund des konjunkturellen Umfeldes und aufgrund der erhöhten Inflation zu einer deutlichen Kaufzurückhaltung, haben sich bisher erneut nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: So ist der Umsatz beim iPhone zwar berichtet um rund 8% auf 65,8 Mrd. USD zurückgegangen, in konstanten Währungen ist die Entwicklung aber nicht negativ. Und: Apple hätte deutlich mehr iPhones verkaufen können als sie liefern konnten (covid-bedingte Lieferengpässe). Die Nachfrage nach dem iPhone war und ist also weiterhin hoch. Wichtig zu erwähnen ist, dass – laut Apple – die Produktion des iPhones sich nun wieder auf dem von Apple gewünschten Niveau befindet, weshalb der iPhone-Verkauf weiter anziehen wird. Nachholeffekte haben bereits eingesetzt. Zudem wird weiterhin produktübergreifend an einer weiteren Optimierung der Lieferketten gearbeitet. Die Kundenzufriedenheit beim iPhone liegt bei nahezu 100% und auch die Anzahl von Umsteigern (Switchern) ist weiterhin sehr hoch. All das zeigt, wie beliebt das iPhone trotz des schwierigen makroökonomischen Umfeldes bei Verbrauchern ist und wie sehr es – trotz stattlichen Preises – ein fester Bestandteil des Lebens vieler Verbraucher geworden ist. Von Kaufzurückhaltung beim iPhone also keine Spur.
Das Haar in der Suppe findet man selbst beim Mac-Umsatz nicht wirklich. Der Umsatz ist zwar deutlich zurückgegangen, allerdings muss man berücksichtigen, dass die Lockdowns und das verbreitete Arbeiten im Home Office den Mac-Absatz in vielen Quartalen während der Corona-Pandemie regelrecht explodieren ließ, weshalb die Abkühlung jetzt eine Normalisierung darstellt. Auch die erfolgreiche Einführung des MacBook Pro M1 in der Vorperiode führt zu einer entsprechend hohen Vergleichsbasis. Der Umsatz beim iPad ist organisch um rund 38% auf 9,4 Mrd. USD gestiegen. Das sehr starke Wachstum ist sowohl auf das neue und beliebte iPad Pro zurückzuführen als auch auf den Umstand, dass – neben der Beliebtheit – die Lieferkettenprobleme des Vergleichsquartals inzwischen behoben sind, weshalb die Vergleichsbasis in diesem Fall günstig / vorteilhaft ist.
Apple rechnet zwar beim Mac (hier darf man auf die neuen MacBook Pro Modelle, die mit den neuesten Entwicklungen der Apple-Silizium-Chips ausgestattet sind, gespannt sein) und beim iPad wegen der konjunkturellen Eintrübung und einer – auf das iPad bezogen – hohen Vergleichsbasis mit einem Umsatzrückgang. Aber das wird nur temporär sein.
Langfristig bedeutender ist, dass es Apple weiterhin sehr eindrucksvoll gelingt, neue Kunden für seine Produkte zu gewinnen. Denn so schafft es das Unternehmen, immer mehr Kunden in das Ökosystem Apple zu bringen. Mehr als die Hälfte der Kunden, die im Laufe des Quartals iPads kauften, waren Neukunden. So ist auch das Folgende einzuordnen: Zwar lag der Umsatz im Bereich Wearables, Home and Accessories mit 13,5 Milliarden US-Dollar 8% unter dem Vorjahreswert, was wiederum auf erhebliche negative Währungseinflüsse, die konjunkturelle Eintrübung und die hohe Vergleichsbasis zurückzuführen ist. Die Zahl der installierten Geräte in dieser Kategorie erreichte jedoch einen neuen Rekord. Bei der Apple Watch waren sogar fast zwei Drittel der Kunden, die im Laufe des Quartals eine Apple Watch kauften, Neukunden.
Wichtig dabei ist, das erwähnte Ökosystem Apple nachzuvollziehen, denn das ist von langfristiger Bedeutung. Apple verzeichnet aktuell über 2 Mrd. aktive Nutzer weltweit. Das ist doppelt so viel wie vor 7 Jahren! Das Ökosystem Apple wächst rasant. Das zeigt sich auch und insbesondere bei den „Services“, deren Wachstum die immer tiefere Verankerung von Apple in unserem Alltag reflektiert und auf deren Entwicklung und auf deren Bedeutung wir schon des Öfteren hingewiesen haben. Alleine die Services stärken das Ökosystem, in welchem die Nutzer zunehmend mehr nachfragen, enorm und machen Apple zu einer immer mehr um sich greifenden Krake. So stieg der Umsatz des Service-Bereichs – die zweitgrößte Produktkategorie nach dem iPhone – um berichtete rund 6% auf 20,8 Mrd. USD. Ein neuer Rekordwert. Und das trotz eines negativen Währungseinflusses von 7%. Und die dabei erzielte Bruttomarge von mehr als 70% ist beeindruckend. Angetrieben wurde der Bereich von zweistelligem Wachstum der Abonnenten im Apple Store sowie einem Umsatzrekord in etlichen Kategorien, etwa im Cloud- und Payment-Service. Insgesamt hat Apple nun unglaubliche 935 Mio. zahlende Abonnenten, über 150 Mio. mehr als noch vor einem Jahr und viermal so viel wie vor fünf Jahren!
Der erwähnte, starke US-Dollar belastet natürlich auch die Margen von Apple, ebenso die weiterhin sehr deutlich gestiegenen Kosten für Vorprodukte, wenngleich der Kostendruck aus der Lieferkette nachlässt. So sinkt die operative Marge um rund 280 bps auf immer noch starke rund 30% und auch die Free Cash Flow-Marge erreicht sehr beachtliche 25,8% – trotz des starken US-Dollars und der hohen Inputkosteninflation. Dies sind Werte, von denen die meisten Unternehmen weltweit träumen dürfen und sie zeigen, wie resilient und profitabel Apple ist. Dies dokumentiert sich auch an der enormen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (RoCe FYe: >210%).
Die Nettofinanzposition inkl. des net working capitals nähert sich mit 6 Mrd. US-Dollar der von Apple angestrebten „Null“. Um sich diesem Ziel zu nähern, wurde im abgelaufenen Quartal (nur) ein Teil des Free Cash Flows in Höhe von rund 30,3 Mrd. US-Dollar für immense Aktienrückkäufe in Höhe von 19,5 Mrd. US-Dollar und die Quartals-Dividende in Höhe von 3,8 Mrd. US-Dollar verwendet. Mit 54,3 Mrd. US-Dollar bleibt das Netto-Cash dabei sehr hoch.
Bewertung: Der Enterprise Value beträgt das rund 23fache des Free Cash Flows FYe. Den Fair Value nach Discounted Cash Flow-Methode sehen wir bei 185 – 195 USD/Aktie. Apple ist also unseres Erachtens eindeutig unterbewertet. Wir dürfen beobachten, wie resilient das Geschäft trotz sich abkühlender Konjunktur ist und wie hoch die Margen trotz des Gegenwindes aus dem starken US-Dollar sowie des hohen Kostendrucks aus der Lieferkette sind. Hinzu kommt, dass der Druck aus Inputkosteninflation und Wechselkursänderungen (weiter) abnimmt, was sich positiv in den zukünftigen Ergebnissen widerspiegeln wird.
Apple ist sehr resilient und profitabel. Auch wenn Apple das eine oder andere Quartal einmal weniger stark wächst als gewohnt, das Unternehmen weist dank der Strahlkraft der sehr starken Marke „Apple“ und dank des „Ökosystems Apple“ eine weiterhin hohe, langfristige Wachstumsdynamik auf. Apple dominiert mit seinen Produkten in allen Kategorien, und die Marktdominanz wird dank des umsichtigen und besonnenen Managements stetig weiter ausgebaut. Seinen Zenit hat Apple daher noch weit vor sich. Beste Voraussetzung für Langfristinvestoren wie uns. Um es abermals mit Jim Cramer, CNBC-Kommentator und ehemaliger Hedgefonds-Manager, zu halten, der sagte „Own Apple, don‘t trade it.“
PS: In unserem nächsten Investorenbrief werden wir u.a. auf Alphabet und Microsoft sowie die Diskussion um ChatGPT eingehen.
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Glossar:
CCR = Cash Conversion Rate
EK = Eigenkapital
EV = Enterprise Value
FCF = Free Cash Flow. Das Nachsteuerergebnis ist nicht der Unternehmensgewinn, sondern der freie Barmittelzufluss (Free Cash Flow), da nur der Free Cash Flow Abschreibungen, Betriebskapital (working capital) und Investitionen berücksichtigt. Der wirkliche Unternehmensgewinn, der Free Cash Flow, ist für uns eine maßgebliche Bezugsgröße für die Unternehmensbewertung.
FY = Financial Year
FYe = expected Financial Year
nwc = Net working capital
oW = organisches Umsatzwachstum
Q1, Q2 usw. = Quartal 1, Quartal 2 usw.
RoCe = Return on Capital employed. Wir legen großen Wert auf eine valide und konservative Struktur der eingesetzten Kennzahlen und berechnen das RoCe daher als Free Cash Flow im Verhältnis zum Eigenkapital plus Nettofinanzschulden bzw. abzgl. Nettofinanzposition plus relevante, langfristige Rückstellungen wie Pensions- und Leasingverpflichtungen.
Stand der Daten: 03.02.2023