Auf Kurs und: L’Oréal – Auf dem Weg zum Beauty Tech-Powerhouse

25. April 2024
<br><b>Auf Kurs</b> und: L’Oréal – Auf dem Weg zum Beauty Tech-Powerhouse

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Investoren,

im ersten Quartal 2024 verzeichnete der Unternehmerfonds eine Wertsteigerung von 4,8% (Anteilsklasse I). Unser Multi Asset Fonds Unternehmerfonds flex legte um 3,4% zu (Anteilsklasse C). Die positive Wertentwicklung beider Unternehmerfonds ist breit abgestützt.

Die Daily Used-Technologiefirmen Alphabet und Microsoft, die u.a. bei der Monetarisierung von Künstlicher Intelligenz erst ganz am Anfang stehen, gehören zusammen mit dem Luxusgüterprimus Hermès und der Vorzeige-Konsumgüterfirma Procter & Gamble zu den Top-Performern dieses Jahres. Für ebenfalls deutlich positive Wertbeiträge sorgten des Weiteren der Hersteller von Profi-Küchengeräten RATIONAL, das Gesundheits- und Biotechnologieunternehmen Danaher, die Zahlungsdienstleister VISA und MasterCard sowie die Consumer Staples Church & Dwight und Colgate-Palmolive.

Weniger erfreulich entwickelt sich dagegen in der jüngeren Vergangenheit – nicht jedoch langfristig! – der Aktienkurs von Nestlé. Der absolute Primus unter den Nahrungsmittelherstellern ist u.a. wegen seines premiumlastigen Produktportfolios bestens für die Zukunft aufgestellt und ist überdies unseres Erachtens deutlich unterbewertet. Die Zeichen stehen daher auf einem satten Grün, dass Nestlé langfristig eine deutliche Steigerung des Unternehmensgewinns und somit auch des Unternehmenswertes (und als Folge dessen des Aktienkurses) erzielen wird. Und das – besonders bedeutsam für uns – bei sehr geringen Risiken des Geschäftsmodells. Ein wenig Geduld ist bei Nestlé angesagt, aber die haben wir als Langfristinvestoren. Warum Nestlé eine Weltklassefirma ist und weshalb wir zuletzt behutsame Nachkäufe getätigt haben, können Sie in unserem letzten Investorenbrief ausführlich nachvollziehen.

Spürbar reduziert wurde hingegen die ohnehin schon geringe Beteiligung an Reckitt. Erstens erachten wir die Qualität des Geschäftsmodells im Vergleich zu z.B. Procter & Gamble als schwächer. Zweitens sieht sich der Hersteller von z.B. Calgon, Clearasil, Nurofen, Dobendan und Finish in den USA mit Klagen gegen seine Babynahrungssparte konfrontiert. Reckitt bestreitet die erhobenen Vorwürfe, die Klagen werden davon losgelöst vermutlich jedoch Ressourcen und Managementkapazitäten binden, die dadurch für das operative Geschäft fehlen. Auch die Reputation könnte Schaden nehmen mit negativen Auswirkungen, insbesondere bei langwierigen Klagen. Die weitere Entwicklung verfolgen wir deshalb sehr genau und ziehen auch einen kompletten Verkauf unserer Beteiligung in Erwägung.

Mit den erwähnten +4,8% beim Unternehmerfonds und +3,4% beim Unternehmerfonds flex im ersten Quartal 2024 hinken wir zwar unseren beiden Morningstar-Vergleichsgruppen hinterher, mittel- und langfristig jedoch nicht. Ganz im Gegenteil.

Unser Anspruch ist es als geduldige Langfristinvestoren ohnehin nicht, die Unternehmerfonds-Portfolios „perfekt“ für ein Quartal aufzustellen, sondern langfristig attraktive Renditen bei sehr geringen Risiken des Geschäfts unserer Portfoliofirmen zu erzielen. Und diesbezüglich sind wir weiter bestens „auf Kurs“.

Mittel- und langfristig treiben die hohen und langfristig beständig wachsenden Margen unserer kapitalleichten „robusten Gewinnmaschinen“ mit starken Marken und hoher Preissetzungsmacht deren Unternehmenswert. Und dies schneller und bei sehr deutlich geringerem Risiko als bei den vielen kapitalintensiven, margenschwachen und zudem zyklischen Hochschuldenfirmen.

Ein sehr gutes Beispiel von vielen dafür ist eines unserer Top-10-Unternehmen: L’Oréal. An L’Oréal haben wir uns im Februar 2018 erstmals beteiligt zu einem Kurs von 174 Euro je Aktie. Seitdem hat sich die Aktie weit mehr als verdoppelt und notiert heute bei rund 440 Euro. Langfristig erwarten wir weitere (signifikante) Kurssteigerungen, weil es L’Oréal schafft, seinen Unternehmensgewinn zuverlässig und kontinuierlich stark zu steigern. Warum?

L’Oréal Umsatzzahlen Q1 2024: Eine absolute Ausnahmefirma

L’Oréal ist der unangefochtene Marktführer auf dem globalen Beauty-Markt. Die jüngsten Geschäftszahlen zum ersten Quartal 2024 (Q1 2024) untermauern die Power und Resilienz des Geschäftsmodells erneut auf sehr eindrucksvolle Weise.

Kein Wettbewerber kann L’Oréal bei Wachstum und Profitabilität das Wasser reichen, weder Estée Lauder als die weltweite Nummer 2 noch die japanischen Unternehmen Kao (z.B. Guhl) oder Shiseido und auch nicht die mehrheitlich von der deutschen Unternehmerfamilie Reimann kontrollierte Coty.

In Q1 2024 steigerte L’Oréal den Umsatz mit einem organischen Wachstum von 9,4% auf 11,2 Mrd. Euro, auf berichteter Basis beträgt das Umsatzwachstum 8,3%. Darin enthalten ist ein positiver Vorzieheffekt in Höhe von 130 Mio. Euro, der sich jedoch im Folgequartal wieder umkehren wird. Hintergrund ist die Vereinheitlichung der fragmentierten IT-Systeme in der Region Nordamerika (v.a. Kanada), wovon v.a. der Bereich Professional Products, also das Friseurgeschäft mit Marken wie Redken oder Kérastase, betroffen ist. Durch Effizienzmaßnahmen wie diese schafft L’Oréal die Voraussetzung, um zukünftig noch mehr Economies of Scale realisieren zu können. Um Lieferprobleme im Zuge der IT-Umstellung zu vermeiden, wurde daher in Q1 mehr produziert und Umsätze vorgezogen. Doch selbst bereinigt um diesen positiven Sondereffekt wuchs L’Oréal in Q1 organisch mit starken 8,1% im hoch einstelligen Bereich und outperformte den insgesamt dynamischen Markt damit um Längen.

Äußerst bemerkenswert laufen die Geschäfte in Europa und den Emerging Markets, die deutlich zweistellig wachsen und damit dazu beitragen, die derzeitige Schwäche der eigentlichen Wachstumslokomotive China über zu kompensieren. Vor allem im Luxussegment, in dem L’Oréal über einen Marktanteil von 34% verfügt, blieb der nach Covid erwartete Rebound bislang aus. Allerdings wächst L’Oréal in China insgesamt mit 6% sechsmal so schnell wie der Markt (rund 1%), so dass die Franzosen ihre Marktanteile weiter ausbauen können. Das „multipolare“ Geschäftsmodell von L’Oréal zahlt sich hier voll aus, denn während das Luxusgeschäft derzeit noch schwächelt, läuft das Volumengeschäft besser. Darüber hinaus entwickelt sich der Online-Vertriebskanal dynamischer als der Offline-Handel. Ungeachtet dieser eindrucksvollen Outperformance gibt CEO Hiernonimus für den global zweitwichtigsten Beautymarkt zwar einen konservativen Ausblick, der jedoch viel Raum für positive Überraschungen lässt:
„We plan with, I would say, a China that is not doing fantastic, and we make the most of the opportunities in Europe, in emerging (markets) and gaining share in North America“

„And if China accelerates, it will be a positive news on our own expectations.“

Insgesamt ist das Wachstum somit sowohl regional als auch produktseitig breit abgestützt. Eine Aufschlüsselung des organischen Wachstums nach den Komponenten Absatz, Mix und Preis liefert L’Oréal mit den Umsatzzahlen zu Q1 zwar nicht. CEO Hieronimus erklärte in der Telefonkonferenz jedoch, dass ein Drittel vom Absatz und zwei Drittel von der zur Value-Komponente zusammengefassten Preis- und Mixveränderung herrühren (Value = Preis + Mix). Die Bedeutung des Preiseffekts, der im ersten Quartal noch eine sehr wichtige Rolle spielte, soll im weiteren Jahresverlauf graduell abklingen.

Quelle: Quartalsbericht L’Oréal

Das größte Geschäft Consumer Products legte organisch um 11,1% zu auf einen Umsatz von 4,2 Mrd. Euro (37,1% Umsatzanteil) mit weiter positiver Absatzentwicklung und robustem Value-Wachstum. Besonders stark ins neue Jahr startete das Geschäft in Europa, wo es erfreulicherweise auch keine Anzeichen einer Verlangsamung gebe. Auch in den Emerging Markets boomt das Geschäft weiter. Alle vier Hauptmarken L’Oréal Paris, Maybelline New York, Garnier und NYX Professional Makeup können zweistellig wachsen.

Im Luxusgeschäft mit Marken wie Biotherm, Kiehl´s oder YvesSaintLaurent stieg der Umsatz organisch um 1,8% auf 3,8 Mrd. Euro (33,9% Umsatzanteil). Hier gibt es Licht und Schatten, denn das starke Wachstum in Europa und Nordamerika wurde teilweise gebremst durch das softe Geschäft in Nordasien. Hier belastet zum einen die ungünstige Vergleichsbasis des Vorjahres beim Reiseeinzelhandel; zum anderen bremst die schleppende Erholung in China das Geschäft, wenngleich L’Oréal – wie bereits erwähnt – den Markt deutlich outperformte.

Wachstumsmarkt Hautpflege

Überragend entwickelt sich Dermatological Beauty, also das Apothekengeschäft, mit bekannten Top-Marken wie La Roche-Posay, CeraVe und Vichy. Hier wächst L’Oréal nicht nur hoch dynamisch mit einem organischen Wachstum von 21,9% auf einen Umsatz von 2 Mrd. Euro (17,9% Umsatzanteil). Vielmehr können signifikante Marktanteile hinzugewonnen werden, denn L’Oréal wächst rund 1,6-mal so schnell wie der Markt. Dank des überdurchschnittlichen Wachstums gewinnt der Geschäftsbereich immer mehr an Bedeutung. So war 2023 das sechste Geschäftsjahr in Folge, in dem das Derma-Geschäft zweistellig wuchs. Vor fünf Jahren betrug der Umsatz in Q1 2019 erst 751 Mio. Euro.

Dieser steile Anstieg des Derma-Geschäfts ist Ausdruck der medizinischen Spitzenstellung und der intensiven Forschungsanstrengungen zur Entwicklung bahnbrechender Produkte und Moleküle, wie z.B. ein mehrfach patentiertes Molekül zur Behandlung von Hautpigmenten, an dem seit 18 Jahren gearbeitet wurde und das 120 wissenschaftliche Studien durchlief. Nachdem solche Meilenstein-Moleküle zunächst bei den Top-Marken des Apothekengeschäfts zum Einsatz kommen, für das sie primär entwickelt wurden, fließen diese Wirkstoffe einige Jahre später dann auch in die Produkte anderer Marken ein, so dass sich diese höherwertiger positionieren lassen.

KI im Friseurgeschäft

Das Friseurgeschäft (Professional Products) erzielte bei einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro ein robustes organisches Wachstum von 10,7% (11,1% Umsatzanteil). Hier kommt jedoch der oben erwähnte Sondereffekt im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen IT-Systems zum Tragen, auf den etwas weniger als die Hälfte des Wachstums zurückzuführen ist. Im Geschäft mit Friseuren bietet L’Oréal immer mehr Produkte und Dienstleistungen an, die auf Künstlicher Intelligenz – kurz KI – basieren. Jüngstes Beispiel ist K-Scan, ein neues Gerät der Marke Kérastase, das den Zustand von Haaren und Kopfhaut scannt und diagnostiziert. Daneben hat L’Oréal weitere Services und Apps für die personalisierte bzw. individualisierte Haar- und Hautpflegeberatung im Angebot, wie z.B. Skin Genius. Auf dem Weg zu einem Beauty Tech Powerhouse marschiert L’Oréal also konsequent und ambitioniert voran.

Am Beginn eines noch höheren und profitableren Wachstumspfades durch KI

Die Entwicklung neuer Produkte mit Hilfe von KI sowie neue Kosmetik- und Koloration-Apps sind mittlerweile der Schwerpunkt der F&E-Aktivitäten von L’Oréal. Diese wurden 2023 noch einmal um 13% auf 1,3 Mrd. Euro gesteigert. Im Vergleich zu vielen anderen Consumer Staples sind das sehr hohe 3,1% vom Umsatz, mit denen nicht nur die Entwicklung KI-basierter Apps und das Online-Geschäft weiter vorangetrieben wird, sondern auch die gesamte Wertschöpfungskette durchdigitalisiert wird, um dadurch die Prozesseffizienz weiter zu steigern. Dies ist ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor für die langfristige Entwicklung des Unternehmensgewinns und folglich auch des Unternehmenswertes, auch wenn sich für vermeintlich profane Dinge wie die Harmonisierung der IT-Infrastruktur oder die Durchdigitalisierung des Geschäftsmodells in der Regel nur sehr wenige Analysten interessieren.

Bei KI arbeitet L’Oréal mit unseren Portfoliofirmen Google und Adobe, um den wertvollen Schatz an Schönheitsdaten zu heben. Während L’Oréal seit 2022 mit der Google-Tochter Verily zusammenarbeitet, um die Mechanismen der Haut- und Haaralterung besser zu erforschen und darauf aufbauend entsprechende Produktlösungen zu entwickeln, erstreckt sich die Zusammenarbeit mit Adobe auf die Durchführung und Effizienzmessung von Online-Marketingkampagnen in Echtzeit sowie die Echtzeitanalyse bei E-Commerce-Transaktionen. Adobe bedient hier als Weltmarktführer wichtige säkulare Trends unserer zunehmend durchdigitalisierten Ökonomie und legte vor kurzem ebenfalls sehr gute Geschäftszahlen vor.

Für L’Oréal ist das Potenzial von KI enorm. Ob im Einkauf oder bei der Produktentwicklung, dem Design von Produkten und Verpackungen, in der Produktion und vor allem beim Produktmarketing und dessen Effizienzmessung in Echtzeit; überall schlummern riesige Effizienzpotenziale, bei deren Realisierung L’Oréal vorangeschritten ist und weiter voranschreitet wie kaum ein zweiter und dennoch erst am Anfang steht: Mit dem konsequenten Einsatz von KI wird L’Oréal unseres Erachtens in Zukunft auf einen noch höheren und noch profitableren Wachstumspfad einschwenken.

L’Oréal: Langfristig zuverlässig starke Unternehmenswertsteigerung

„Der perfekte Beweis“

Für CEO Hieronimus ist die Leistung im ersten Quartal daher zurecht der „perfekte Beweis“ für die Stärke des einzigartigen Geschäftsmodells. Als „Pure Player“ kann L’Oréal das immense Wachstumspotenzial des globalen Schönheitspflege-Marktes mit seinem „multipolaren Ansatz“ (CEO Hieronimus) voll ausschöpfen. Im Luxus- über das Friseur- und Dermageschäft bis hin zum Volumengeschäft besetzt L’Oréal alle Vertriebskanäle und ist global aufgestellt. L’Oréal ist somit als Weltmarktführer bei Haut- und Haarpflege geografisch und nach Produktkategorien wesentlich breiter und vor allem qualitativ deutlich besser aufgestellt als die Wettbewerber. Dadurch gelingt es, die schleppende Erholung in Nordasien durch anhaltend zweistelliges Wachstum in Europa und den Schwellenländern aufzufangen. Genauso wie aktuell das sehr starke Derma- und Volumengeschäft die kurzfristigen Herausforderungen beim Luxusgeschäft kompensieren.

Krisenresistenz und Profitabilität par excellence

Das Geschäftsmodell von L’Oréal ist somit maximal krisenresistent. Die Firma wächst in der Rezession, sie wächst trotz Inputkosteninflation und Lieferkettenstörungen; und das stets höchst profitabel, obwohl L’Oréal gewaltige Summen ins Marketing seiner Produkte steckt. Im Geschäftsjahr 2023 erhöhte der Werbe-Weltmeister seine Marketingaufwendungen um 11% auf 13,4 Mrd. Euro; dies entspricht außergewöhnlichen 32,4% des Umsatzes! Doch trotz dieses gigantischen Werbebudgets erzielte L’Oréal eine operative Marge von 19,8% nach 19,5% im Jahr 2022. Bereinigt um Veränderungen des Net Working Capital erwirtschaftete L’Oréal im letzten Jahr einen Free Cash Flow von 6,1 Mrd. Euro, was einer Free Cash Flow-Marge von 14,8% entspricht. Die Kapitalverzinsung (ex Sanofi-Beteiligung) beträgt 18,5%.

Auf diesen Erfolgen und der wettbewerbsführenden Marktposition ruht sich das L’Oréal-Management jedoch nicht aus, sondern arbeitet unentwegt daran, seine Spitzenstellung und den Burggraben weiter auszubauen. Mit seinem mehrere Terabytes schweren Schatz an Schönheitsdaten ist L’Oréal dabei auf dem besten Weg als führende Beauty Tech-Firma durch den Einsatz von KI auf einen noch höheren Wachstumspfad einzuschwenken. Aus unserer Sicht sehr gute Gründe, um mit einem stets kritischen unternehmerischen Blick auf die Entwicklung der Geschäfte als Miteigentümer an der Entwicklung der Firma langfristig beteiligt zu sein.

In diesem Sinne, mit herzlichen Grüßen

Dominikus Wagner Dr. Dirk Schmitt