Kleine „Performance-Bremse“ im Portfolio

16. November 2021
Kleine „Performance-Bremse“ im Portfolio

Die Punkte:

  • Henkel: Schwache Kursentwicklung
  • Henkel wächst ordentlich
  • Unverschuldeter Margenrückgang
  • „Baustelle“ Beauty
  • Was unternehmerisch sinnvoll ist / Kritikpunkte
  • Was wir getan haben und wie wir weiter vorgehen

Die Perfomance unseres Unternehmerfonds ist langfristig sehr erfreulich, insbesondere risikoadjustiert. Nicht aber die unseres Portfoliounternehmens Henkel. Seit nahezu fünf Jahren ist Henkel ein (geringfügiger) „Bremsklotz“ unserer insgesamt guten Fondsperformance. (Performance Unternehmerfonds auf 5 Jahre: 89,77% ; Henkel Vz.: -22,79%. Stand: 11.11. Quelle: Bloomberg.)

Warum die Geschäftsentwicklung von Henkel nur bedingt zur Kursentwicklung passt und wie wir mit unserer Beteiligung an Henkel zukünftig verfahren wollen, erläutern wir folgend. Dazu betrachten wir zunächst die am Montag letzter Woche berichtete Umsatzentwicklung des dritten Quartals 2021, stellen zudem einen 2-Jahresvergleich an, also einen Vergleich mit Q3/2019 vor der Corona-Absatzverzerrung, und gehen später auf unsere Kritikpunkte sowie unsere weitere Vorgehensweise ein:

Henkel, Umsatz Q3/2021: Henkel erzielt ein solides  organisches  Umsatzwachstum (oW) von 3,5% auf 5,09 Mrd. EUR. Dies bedeutet zwar  eine  mathematisch nachlassende Dynamik gegenüber dem ersten Halbjahr (H1: 11,3% oW), jedoch geht dies auf die jeweilige Vergleichsbasis zurück (niedrige H1-Basis mit -5,2% oW  in H1/2020 wg. damaliger Lockdowns mit Absatzrückgang bei Adhesives, Friseur und Haarpflege/-Koloration, welcher das Wachstum bei den Stockpiling-Kategorien Waschmitteln, Oberflächenreinigern und Handseifen übertraf; hingegen höhere Q3- Vergleichsbasis mit 3,9% oW in Q3/2020, weil sich die Absatzstruktur wieder mehr auf den Normalbereich zubewegt hatte).

Da auch das vierte Quartal bei Henkel ordentlich angelaufen ist, bestätigt Henkel die im Sommer erhöhte Geschäftsjahres-Erwartung von 6% bis 8% oW (zuvor 4% bis 6%).

Blickt man genauer hin, ist das Wachstum erfreulich, denn es hat mehrere erhebliche – nicht von Henkel verschuldete – Wachstumsbremsen gegeben, andererseits sind mehrere Produktkategorien dynamisch gewachsen:

Wachstumstreiber mit jeweils hocheinstelligem bis – mehrheitlich – zweistelligem Wachstum war wie schon im ersten Halbjahr die Klebstoffsparte/Adhesives, Vollwaschmittel, Spezialwaschmittel, Friseur, Spülmaschinentabs, Geschirrspülgel und WC-Reiniger. Regional  waren  praktisch  alle  größeren Schwellenländer Treiber, größtenteils mit zweistelligem Wachstum.

Gebremst hat eine weitgehende Normalisierung der Nachfrage bei den Stockpiling- Produktkategorien, also bei den Produktkategorien, die durch die Lockdown-bedingten Bevorratungskäufe profitiert hatten. Dies gilt vor allem für Handseifen und Oberflächenreiniger, deren Umsatz wegen der hohen  Vergleichsbasis  im Jahresvergleich geschrumpft ist (bzw. mittlerweile wieder auf Normalniveau verkauft werden). Gebremst hat außerdem sehr nennenswert die Lieferkettenstörung, weshalb vorwiegend im gesamten Consumers-Geschäft Bestellungen nicht  vollständig ausgeliefert werden konnten. Bei Adhesives bremste die wegen der Chip-Knappheit weltweit im Quartalsvergleich um 20% gesunkene Autoproduktion. Regional haben die reifen Märkte gebremst, vor allem Nordamerika, wo Hurrikan Ida Produktionsunterbrechungen verursacht hat, was zusammen mit der Lieferkettenstörung/fehlenden Logistikkapazitäten (vor allem LKW-Fahrer fehlen) die Auftragserfüllungsrate bei den Retailern erheblich gedrückt  hat.  Consumers Nordamerika war deshalb die größte Wachstumsbremse im Konzern, gefolgt von der wegen der Chip-Knappheit gekappten Autoproduktion.

Da diese beiden Geschäftsbereiche einen nennenswerten Anteil am Konzernumsatz haben, wäre Henkel unter „normalen“ Marktbedingungen mit funktionierenden Lieferketten merklich schneller gewachsen. Dass dennoch ein organisches Umsatzwachstum im Bereich der unteren Mitte des Langfristkorridors geschafft wurde, zeigt, dass die top line-Struktur des Konzerns insgesamt auch bei stärkerem Gegenwind robust ist!

Zu den drei Konzerngeschäftsbereichen:

Der größte Bereich Adhesives hat mit 7% oW auf 2,44 Mrd. EUR mit Blick auf die gekappte Autoproduktion beachtlich stark zugelegt (oW im Absatzsegment Autoindustrie nur leicht negativ, weil Henkel Marktanteile gewonnen hat und mehrere  Autobauer wieder mit dem Lageraufbau beginnen). Der Grund: Nahezu alle anderen größeren Absatzindustrien haben zweistellig zugelegt. Das Wachstum ist sowohl preis- als auch absatzgetrieben (Preis +3,4%, Absatz +3,6%), weil Adhesives wie in H1 erneut deutlich höhere Preise durchgesetzt und den Mix leicht verbessert hat, und trotz lieferkettenbedingter Absatzschwäche in der Autoindustrie und teilweise hoher Vergleichsbasis das Absatzvolumen steigern konnte. Die hohen F&E-Aktivitäten von Henkel als Weltmarktführer industrieller Kleb-/Dicht-/ Schaumstoffe, gerade auch die gemeinsame Entwicklung spezifischer Innovationen mit Kunden, zahlen  sich  immer mehr aus.

Laundry/Home Care ist ungeachtet der sehr hohen Vergleichsbasis im Jahresvergleich mit 2% oW auf 1,68 Mrd. EUR gewachsen. Wesentlicher Faktor waren erneut die Vollwaschmittel, wie meist angeführt von Persil mit „sehr starkem Wachstum“ (verbesserte Caps-Produkte), daneben Spezialwaschmittel, vor allem Perwoll, mit zweistelligem Wachstum. Im Caps-Geschäft war der Marktanteilsgewinn mit 60 bps besonders hoch. Außerdem ist die Entwicklung bei Geschirrspülmitteln (Pril), Spülmaschinen-Tabs (Somat) und WC-Reinigern (Bref, WC-Frisch) mit zum Teil zweistelligem Wachstum fortgesetzt stark (zudem 50 bps höhere Marktanteile). Bei Reinigungsmitteln (Home Care) ist das oW hingegen wg. der Absatz-Normalisierung bei Oberflächenreinigern „leicht rückläufig“, weshalb das Absatzvolumen von Laundry/Home mit -2,2% negativ gewesen ist. Erneut sehr dynamisch ist die  Verbesserung  bei Preis/Mix mit +4,3%.

Henkel gelingt es, bei Laundry/Home gerade bei seinen beliebten, führenden Top- Marken wie in beiden Vorquartalen höhere Preise durchzusetzen. In der Fachpresse wurde z. B. kolportiert, dass Henkel bei Persil dieses Jahr weltweit rd. 12% höhere Preise durchgesetzt hat, und dennoch steige der Absatz.

Das kleinste Konzerngeschäft, Beauty Care, ist mit 3% auf 934 Mio. EUR geschrumpft. Das ist gleichwohl kein strukturelles Problem, sondern Folge der Nachfrage- Normalisierung bei Lockdown-Kategorien wie Handseife, Haarpflege und Haarkoloration (allerdings konnte Koloration wieder Marktanteile gewinnen, diesmal +20 bps). Dafür konnte Haar-Styling, während der Lockdowns weniger gefragt, hocheinstellig zulegen (außerdem +50 bps bei den Marktanteilen). Auch das Friseurgeschäft ist erneut „stark“ (höher einstellig) gewachsen, und zwar in allen Absatzregionen weltweit.

Der Umsatzrückgang bei Beauty Care war wegen der Nachfrage-Normalisierung in Stockpiling-Kategorien ausschließlich absatzgetrieben; dennoch konnte Preis/Mix bei Beauty leicht verbessert werden (+1,7%), was eine strukturelle Stärke des Produktportfolios zeigt. Da Beauty Care sich noch im Portfolioumbau befindet, ist das eine erfreuliche Nachricht.

Das Konzernwachstum war als Folge der höheren Preise/Mixverbesserungen vornehmlich preisgetrieben (+3,4%), während der Absatz mit +0,1% wenig zugelegt hat – was mit Blick auf den Chipmangel in der Autoindustrie und der Absatznormalisierung bei Stockpiling-Produktkategorien ordentlich ist.

Der 2-Jahresvergleich:

 Aussagekräftiger ist der 2-Jahresvergleich, also der Vergleich mit Q3/2019 vor der Corona-Absatzverzerrung: Der Konzern ist in diesem Zeitraum um 7,5% gewachsen, also durchschnittlich 3,7% oW pro Jahr, was im langfristigen Normalbereich liegt. Wegen des Portfolioumbaus im Geschäftsbereich Beauty, der in den zwei Jahren zuvor in den meisten Quartalen geschrumpft ist, ist dies aber höher einzuschätzen.

Adhesives ist kumuliert mit 8,4% gewachsen bzw. mit durchschnittlich 3,9% pro Jahr, was zwar leicht unter dem langfristigen Durchschnitt liegt, jedoch sollte man hierbei berücksichtigen, dass das Rezessionsquartal Q3/2020 bei Betrachtung eines Zeitraums von lediglich zwei Jahren verzerrt, denn im Konjunkturzyklus bis 2020 gibt es mehr Aufschwung- als Rezessionsjahre.

Laundry/Home hat insgesamt 9,9% zugelegt, also mit 4,4% pro Jahr. Dies liegt leicht über dem langfristigen Durchschnitt. Die TOP-Marken Persil, Pril und Somat  haben sogar im Durchschnitt hocheinstellig bis zweistellig pro Jahr zugelegt.

Beauty ist mit +1,2% im 2-Jahreszeitraum bzw. +0,6% p. a. deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt, was wesentlich am höheren Umsatzanteil von Lockdown- Produktkategorien liegt, zudem am noch nicht abgeschlossenen Konzernumbau; einen Fortschritt gegenüber dem Umsatzrückgang in den Vorjahren stellt es zudem gleichwohl dar.

Bestandsaufnahme 1.0:

 Henkel muss den Portfolioumbau bei Beauty fortsetzen, das ist unseres Erachtens klar. Dies erfolgt erstens mit weiteren Verkäufen kleiner „sub-scaling“-Marken (lt. CEO Knobel im Quartals-Call soll der geplante Verkauf oder das Einstellen dieser Marken mit einem Umsatz von kumuliert 1 Mrd. EUR am Jahresende weitgehend abgeschlossen sein) und zweitens mit stetigen Produktneuheiten, die mit Hilfe einer mittlerweile fortgeschrittenen Effizienzsteigerung der internen Prozesse sowie mit zunehmender Nutzung digitaler Tools (Henkel arbeitet z. B. beim Online-Marketing mit Adobe zusammen; die Verkaufsaktionen beschleunigen den Absatz der Produkte) schneller entwickelt und vermarktet werden, etwa bei der jungen Marke Nature Box mit neuen Haarspül- und Haarreparatur-Produkten.

Auch bei Laundry/Home wirken diese Effizienz- und Wachstumsmaßnahmen, für die Henkel seit 2019 für mehrere Jahre 300 Mio. EUR jährlich einsetzt (das sind rund 15% eines im Normalbereich liegenden Free Cash Flows), lt. CEO Knobel immer besser. So sind z. B. bei Persil neue eco power caps, die den Plastikverbrauch um 97% senken und besonders  digital  kommuniziert und vermarktet werden, weltweit ein Verkaufsrenner.

Das Digital-Geschäft ist beschleunigt DER Wachstums-Vertriebskanal: Bei Consumers wächst das Digital-Geschäft mit 20%, im Konzern beträgt der Umsatzanteil der E- Commerce-Vertriebskanäle mittlerweile fast 20%, bei Adhesives sind es sogar ca. 30%, da die Kundenindustrien immer mehr digital einkaufen.

Insgesamt ist die top line von Henkel mit 3,5% oW im Berichtsquartal erneut robust, sie wäre ohne Chipmangel bei Autos und ohne Hurrikan Ida mit Produktionsausfällen in den USA/Mangel an LKW-Fahrern noch ganz erheblich dynamischer. Außerdem wirkt die Absatznormalisierung  bei  Stockpiling-Kategorien  wie  Handseife  und Oberflächenreiniger, die Unwucht ist aber temporär.

Hinzu kommt: Selten haben wir ein Quartal von Henkel gesehen, in dem so viele Segmente zweistellig oder mindestens hoch-einstellig gewachsen sind, und das trotz zum Teil recht hoher Vergleichsbasis aus dem starken Vorjahresquartal. Und das mathematisch rückläufige Beauty-Geschäft wäre ohne die hohe Vergleichsbasis bei Handseife gewachsen, das Friseurgeschäft entwickelt sich außerordentlich gut und Haarstyling/-koloration gewinnen stetig Marktanteile. Lediglich Haarpflege ist (wie bei Procter & Gamble und L‘Oréal) im Berichtsquartal „soft“ bzw. hat eine eher hohe Jahresvergleichsbasis. Sehr erfreulich ist zudem das beständig hohe Wachstum fast aller Geschäftsfelder in den Schwellenländern und in China.

Des Weiteren: Die Preissetzungsmacht bei Adhesives, dort ist Henkel Weltmarktführer, ist beeindruckend robust, und bei Laundry/Home ist sie mit die beste in der ganzen Branche. Insbesondere Persil ist eine extrem starke Marke, aber auch die anderen großen Marken bei Laundry/Home und das Friseurgeschäft sind eine Bank.

Im 2-Jahresvergleich mit Q3/2019 vor der Corona-Absatzverzerrung haben der Konzern und alle drei Geschäftsbereiche höhere Umsätze, das haben viele Wettbewerber noch nicht geschafft.

Die jüngste Kursentwicklung und zukünftige, potenzielle Kurstreiber

 Trotz der erfreulichen top line wurde der Aktienkurs nach Bekanntgabe der Quartalszahlen gen Süden geschickt. Der Grund: Die Geschäftsjahres-Erwartung für die operative Marge (oM) wurde auf den unteren Rand des vorher prognostizierten Bereichs von 13,5% bis 14,5% konkretisiert. Dass etliche Bankanalysten „verschnupft“ sind, ist nur bedingt nachvollziehbar. Denn für Lieferkettenstörungen kann  Henkel  genauso wenig wie andere Consumer Staples und andere Klebstoffhersteller, die deswegen in diesem Jahr allesamt niedrigere operative Margen haben (wie alle Hersteller physischer Güter), ca. im Bereich 200 bis 400 bps – wie Henkel: Im 5-Jahreszeitraum vor 2020 erreichte die oM jeweils 16% bis 17%, nun sind es unverschuldet 13,5%. Bei allen Wettbewerbern von Henkel wird die temporär niedrigere oM von Analysten hingenommen, da offenkundig ist, dass es sich nicht um dauerhaft und säkulär sinkende Margen handelt, sondern um eine externe Störung, die nach und nach verschwindet, so dass die Margen dann auch wieder zulegen.

Dass dies bei Henkel anders gesehen wird, ist unseres Erachtens nicht nachvollziehbar. Dabei macht das Management von Henkel das, was im Einflussbereich von Henkel steht, solide und gut: Erstens haben sie Preis/Mix um hohe 3,4% verbessert, sowohl bei Adhesives als auch bei Consumers (einer der besten Werte in beiden Peer Groups), sie heben zweitens beständig weiter Effizienzreserven und realisieren drittens wachstumsbedingte Skaleneffekte. Aber zum Teil um 10% und mehr höhere COGS- Kosten, die wie bei allen in Q3 offenbar fast sprunghaft angestiegen sind, sind nur schwerlich zu kompensieren. Aber mit Blick auf zwei, drei Quartale kann das funktionieren. Hinzu kommt: Das laufende Wachstums- und Effizienzprogramm in Höhe von 300 Mio. EUR bremst die operative Marge gegenwärtig um etwa 150 bps.

Der deutliche Kursrückgang der vergangenen Tage ist daher unseres Erachtens nicht gerechtfertigt. Dennoch dürfte es bis auf weiteres keine Kurstreiber geben, da der grundsätzliche Blick auf Henkel (z. B. von Analysten) negativ ist. Kurstreiber dürfte es bei Henkel erst wieder geben, wenn die externen Störungen in den Lieferketten abnehmen.

Unseres Erachtens rückt dies näher: Die Container-Preise stagnieren bzw. sinken auf einigen Routen, der Ölpreis scheint eher nicht weiter zu steigen, die Preise von diversen Metall- und Agrarrohstoffen sind zum Teil erheblich gesunken. Das sind zwar nur zarte Anzeichen für eine Entspannung, aber es signalisiert eine beginnende Kehrtwende. Eine Normalisierung dürfte allerdings noch ein paar Quartale dauern.

Was unternehmerisch sinnvoll ist, kritische Bestandsaufnahme 2.0, wie wir weiter vorgehen

unabhängig hiervon ist es unsere Meinung, dass Henkel mehr M&A gut täte, um den Unternehmenswert schneller zu steigern.

Der laufende Verkauf/die Stilllegung kleinerer Marken ist eine Pflichtaufgabe, aber zu wenig. Henkel sollte vielmehr konsequent alle Produktkategorien verkaufen, bei denen sie entweder eher klein sind und/oder das Kategorienwachstum  nicht überdurchschnittlich ist, ob Handseifen oder Haarpflege. Bei Beauty z. B. blieben dann unseres Erachtens nur Haarstyling und Koloration sowie das Friseurgeschäft übrig.

Die Verkaufserlöse könnte Henkel für Zukäufe in den Segmenten einsetzen, in denen sie stark sind UND die ein überdurchschnittliches Kategorienwachstum haben.

Uns scheint, dass ein größerer Schritt beim Portfolioumbau an  den Mehrheitseigentümern scheitern dürfte. Das rächt sich seit längerem. So ist der Unternehmenswert auf Sicht von fünf Jahren gesunken. Nun ist die Henkel-Bewertung mit unter dem 20fachen des Free Cash Flows wirklich niedrig und das Geschäft läuft mehr als ordentlich. Gleichzeitig sollte man aber auch berücksichtigen, dass VERTRAUEN in eine Firma und in dessen Management eine wichtige Rolle für längerfristigen Wertzuwachs spielt. Ulf Schneider vertraut man, dass er den Umbau bei Nestlé (weiter) erfolgreich gestaltet, auch Taylor/Moeller bei Procter & Gamble. Beide Firmen zählen wir zu den absoluten Weltklassefirmen mit weiterem Potential. Auch in der Corona-Rezession konnte man die Bedeutung des Vertrauens-Aspekts gut beobachten: Firmen wie Hermès, Rational, Sonova, L’Oréal und Fielmann hatten zeitweise deutliche Umsatzeinbrüche zu verzeichnen, die Aktienkurse brachen jedoch nur in der Panik-Phase im März 2020 kurz ein (deutlich stärker als unser Gesamt- Portfolio), erholten sich aber schnell, und erreichen nun immer wieder neue Kurshöchststände. Bei Henkel ist dagegen das Vertrauen in die Firma investorenseitig beschädigt, was wir auch auf CEO Knobels Vorgänger und dessen partielle Hinterlassenschaft und insbesondere dessen „suboptimale“ Kommunikation zurückführen. CEO Knobel hat zwar unseres Erachtens die richtigen – mitunter zu zaghaften – strukturellen Entscheidungen für mehr Wachstum getroffen, jedoch ist dies ein längerer Weg. Erst wenn erkennbar wird, dass die Margen wieder steigen, dürfte Vertrauen in die Firma zurückkehren und sich dies auch bei der Aktienkursentwicklung bemerkbar machen. Neu ist diese Erkenntnis für uns nicht, weshalb die Henkel- Gewichtung im Portfolio aktuell deutlich niedriger ist als z. B. vor fünf Jahren (noch ca. 50% im Vergleich; aktuelle Gewichtung: ca. 3%). So haben wir seit geraumer Zeit die Henkel-Gewichtung im Portfolio durch Mittelzuflüsse im Fonds verwässern lassen und zudem geringfügige Verkäufe Ende März und Mitte August 2021 getätigt.

Wir denken langfristig, wir denken unternehmerisch. Daher sind wir der Überzeugung, dass aus heutiger Sicht eine Beteilung an Henkel – auch unter Berücksichtigung der Bewertung – ein langfristig gutes Investment sein wird. Jedoch müssen wir konstatieren, dass andere Portfoliofirmen mit ähnlichem (sehr geringem) unternehmerischen Risiko ihren jeweiligen Unternehmenswert in den vergangenen fünf Jahren um 50% bis 100% gesteigert haben. Andere börsennotierte Consumer Staples-Wettbewerber sind aktiver bei M&A in Wachstumssegmenten – und erfolgreicher bei Wachstum und Margen. Henkel hängt zu sehr von Adhesives sowie von einer Handvoll Top-Consumers-Marken ab, sie besitzen unseres Erachtens bei Consumers zu viel solides  Mittelmaß  im Portfolio. Wir schauen daher genau, wie sich zum einen das Geschäft weiter entwickelt und ob die unseres Erachtens richtigen Management-Entscheidungen getroffen werden und zum anderen, ob der Bewertungsrückstand zu Wettbewerben auf absehbare Zeit abgebaut wird. Davon abhängig machen wir, ob wir unsere Beteiligung an Henkel weiter abbauen oder uns gegebenenfalls ganz trennen, um das Kapital in wachstumsstärkere „robuste Gewinnmaschinen“ zu investieren, denen die Investoren vertrauen. Es geht uns darum, das Maximale bei sehr geringem unternehmerischem Risiko zu erreichen. Es geht nicht darum, Recht zu haben bzw. Recht zu bekommen.

Wir sind unternehmerisch denkende Langfrist-Investoren mit aktiver Kontrolle. Die aktive Kontrolle unserer Investmentthesen macht ab und an Anpassungen des Portfolios vonnöten, auch die Bewertung einzelner Firmen. Grundsätzlich verkaufen wir ein Unternehmen, wenn der säkulare Gewinntrend bricht oder sich die geschäftliche Erwartung nur teilweise erfüllt hat, um das freiwerdende Kapital dann in werthaltigere oder – bezogen auf Henkel – wachstumsstärkere Firmen mit unter dem Wert liegenden Preis zu investieren. Ob weitere Anpassungen bei Henkel vorgenommen werden müssen, werden wir zu gegebener Zeit entscheiden.

Insgesamt dürfen wir sehr zufrieden sein über die geschäftliche Entwicklung unserer Portfoliofirmen in ihrer Gesamtheit, deren Unternehmenswert-Steigerung und somit unserer Unternehmerfonds-Performance, insbesondere der risikoadjustierten Performance.