Noch im März diesen Jahres war die sogenannte „Sektorrotation“ in aller Munde. Die damals bevorstehenden Massenimpfungen und die damit verbundene Hoffnung auf konjunkturelle Erholung waren die Hauptgründe. So herrschte die Meinung bei vielen professionellen Marktteilnehmern vor, man solle Aktien von Qualitätsfirmen zugunsten von Aktien konjunkturabhängiger Unternehmen verkaufen. Mit Letzteren ließe sich auf die nächsten Jahre mehr Geld verdienen. Tatsächlich stiegen insbesondere die Kurse zyklischer Unternehmen, die von den Lockdowns besonders getroffen wurden, (von niedrigem Niveau) temporär stark, während die Kurse von Qualitätsunternehmen litten oder hinterherhinkten. Dies war jedoch von nicht allzu langer Dauer, inzwischen hat die Diskussion nahezu ein Ende genommen. In unserem Investorenbrief 03/2021 (unter IV.) hatten wir ausführlicher als hier dargelegt, warum wir uns als langfristig denkende und handelnde Investoren von derart kurzfristigen Überlegungen nicht leiten oder beeinflussen lassen:
„Zykliker wie beispielsweise Banken, Fluggesellschaften oder Unternehmen der Schwerindustrie erfüllen unsere Qualitätsansprüche weder in der Baisse noch in der Hausse, da hier u.a. intransparente Geschäftsmodelle, schlechte Planbarkeit von Umsätzen und Investitionen sowie eine hohe Kapitalintensität und hohe Verschuldungen zum einen die ökonomische Gewinnentwicklung grundlegend stark hemmen, zum anderen das substanzielle Geschäftsrisiko eines anhaltenden Ertragskraftverlustes stark erhöhen. Salopp formuliert: Langfristig geringe Renditeerwartung bei gleichzeitig hohen Risiken. Wir möchten nicht Miteigentümer von Firmen mit gravierenden Risiken sein, auch nicht kurzfristig (zumal „Timing“ in der Regel nicht funktioniert).“
Vielmehr war und ist es unser Grundsatz, dass wir uns nur an hochprofitablen, robusten und zugleich beständig wachsenden Unternehmen höchster Qualität zu angemessenen Preisen beteiligen. Dies sind vermeintlich „langweilige“, aber wettbewerbsüberlegene Hersteller nicht-zyklischer Konsumgüter („Consumer Staples“). Ebenso aber auch stark wachsende Technologieunternehmen, welche konsumentennahe und robuste Geschäftsmodelle aufweisen („Consumer Techs“). „Wir investieren in Firmen selbst, nicht in Aktien als Finanzpapiere“. Auch das gehört zu unserem Selbstverständnis. Somit steht für uns die geschäftliche Entwicklung unserer Firmen immer im Vordergrund. Werfen wir daher einen partiellen Blick auf die im Juli und Anfang August gemeldeten Geschäftszahlen unserer Portfoliounternehmen. Im ersten Teil auf unsere „Consumer Techs“, im zweiten Teil (Investorenbrief 09/2021) werden wir dann auf unsere „Consumer Staples“ eingehen.
Zu unseren „Consumer-Techs“: Hier kommt man tatsächlich aus dem Staunen kaum mehr heraus. Alphabet wächst als Großkonzern in Q2 mit 57% (!) und verdient stetig mehr, obwohl sie sehr stark in neue Geschäftsfelder investieren. Bezogen auf das organische Umsatzwachstum von 57% muss allerdings erwähnt werden, dass Alphabet im Vorjahresquartal erstmals seit dem IPO 2004 nicht gewachsen war, nachdem das Werbegeschäft von Google während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 stagnierte, weshalb die Vergleichsbasis im Jahresvergleich für Alphabet, die langjährig satt zweistellig zulegen, untypisch niedrig ist. Der 2-Jahres-Vergleich, also der Vergleich mit dem letzten Q2 vor Corona, bestätigt gleichwohl die sehr hohe Wachstumsdynamik: Der Umsatz in Q2/2019 betrug 38,9 Mrd. USD, jetzt sind es 61,88 Mrd. USD – im Durchschnitt der beiden Jahre ist Alphabet also mit rd. 26% p.a. gewachsen. Das ist leicht oberhalb des Bereichs von 20% bis 25%, den Alphabet langfristig schafft. Tendenziell hat sich das hohe Wachstumstempo von Alphabet gegenüber früher also nochmals leicht beschleunigt. Weshalb? Die Gründe lesen Sie hier.
Visa erreicht im Berichtsquartal eine nahezu unglaubliche Free Cash Flow-Marge von 69,1%, auf 9 Monate gesehen liegt die Free Cash Flow-Marge – trotz Lockdown-Bremse-bei knapp über 60%. In absoluten Zahlen legt der Free Cash Flow um 49,1% auf 4,24 USD zu. Visa hat gut ein Viertel mehr umgesetzt (+26% organisches Umsatzwachstum auf 6,13 Mrd. USD) und verdient fast die Hälfte mehr! Nun ist Visa wegen der geschäftsmodellbedingten extrem hohen Skaleneffekte (vor allem Größenvorteile sowie angebots-/nachfrageseitige Skaleneffekte) bei niedrigem Kapitalbedarf DIE „Cash-Maschine“ auf dem Kurszettel, weshalb man auch gleichzeitig Free Cash Flow-Margen im Bereich 45%/50% bis 60% von Visa gewohnt ist. Aber dass Visa bei höherer Wachstumsrate (langjährig wächst Visa hocheinstellig/niedrig zweistellig) derart viel mehr Cash produziert und derart viel Geld verdient, ist sehr beeindruckend. Lesen Sie hier mehr zu Visa.
Microsoft liefert im Berichtsquartal ein gewohnt hohes organisches Wachstum, sehr hohe Margen und eine sehr hohe Kapitalverzinsung. Microsoft wird sehr umsichtig geführt, sie bauen die Kerngeschäfte stetig und langfristig solide aus und sie erobern zunehmend neue Geschäftsfelder mit hohem Wachstums-Momentum. Mehr zu Microsoft voraussichtlich in einem unserer folgenden Investorenbriefe.
Apples Erfolg liegt in seinem Geschäftsmodell begründet. Das Apple-Ökosystem: Das Anbieten erstklassiger Produkte in allen Bereichen, um die Nutzung der Services voranzubringen und eine einheitliche Plattform bieten zu können. iPhone, Mac, iPad, iPod, AppleTV, iWatch, AirPods, HomePod – alle in schönem Design, erstklassiger Produktqualität und Benutzerfreundlichkeit als geschlossenes Ökosystem durch die iCloud vernetzt. Dennoch reibt man sich besonders bei Apple angesichts der vorgelegten Zahlen die Augen: Apple verdient in 9 Monaten ungefähr doppelt so viel wie der gesamte Dax 30 und erreicht den Rekord-Free Cash Flow des gesamten Vorjahres schon nach drei Quartalen (abweichendes Geschäftsjahr). Lesen Sie hier mehr zu Apple.
Grundsätzlich: Die oben erwähnten, großen „Consumer-Techs“ stehen unseres Erachtens erst am Anfang eines noch höheren Wachstumspfades. Ein hoher Cash Flow produziert noch höheren Cash Flow, weil man eine sehr hohe „Feuerkraft“ hat, immer Neues zu entwickeln und immer mehr Märkte zu erobern. Und wegen der sehr hohen Skaleneffekte wird das „Mehr“ exponentiell größer.
Für uns als Miteigentümer an diesen Firmen ist obiger Umstand großartig, uns als europäisch denkende Bürger muss dies bedenklich stimmen, denn viele europäische Unternehmen werden mit wachsender Geschwindigkeit abgehängt. Denn nicht nur die großen „Consumer-Techs“ stehen glänzend da, auch andere amerikanische Firmen wie Facebook, Adobe, PayPal, Mastercard, Intuit etc. eilen den meisten europäischen Firmen davon. Und auch in anderen Sektoren sind amerikanische Firmen immer einsamer an der Spitze, z. B. Danaher, Procter & Gamble etc.
Aus Europa sind unseres Erachtens nur Nestlé und L‘Oréal zur Weltspitze zu zählen, in ihren Nischen Hermès, Lindt & Sprüngli, Fielmann, Rational, Sonova und einige wenige mehr.
Wir investieren daher weltweit. Aktuell sind es Unternehmen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien und eben insbesondere aus den USA. Unserer Meinung nach gibt es keinen Grund für eine lokale Eingrenzung bei der Suche nach den qualitativ besten Investments. Allein die Qualität entscheidet.
In unserem nächsten Investorenbrief gehen wir auf die Geschäftszahlen unserer „Consumer Staples“ sowie auf die Diskussion um höhere Inputkosten ein. Zudem skizzieren wir, warum die „langweiligen“ Consumer Staples den größten Teil unseres Portfolios ausmachen und warum die (finanzielle) Flut temporär nahezu alle Boote heben kann, etliche Boote bei rauerer See aber auch durchaus untergehen können.