Microsoft, Q2 2021/22

15. März 2022
Microsoft, Q2 2021/22

Es läuft und läuft und läuft bei Microsoft. Und sie tätigen mit dem Kauf von Activision Blizzard den größten Kauf der Firmengeschichte.

Microsoft liefert im Berichtsquartal ein gewohnt hohes organisches Umsatzwachstum, sehr hohe Margen und eine sehr hohe Kapitalverzinsung. Microsofts hohe Innovationsrate liefert über sämtliche Produktplattformen hinweg stetig neue und leistungsfähigere Produkte, mit denen Microsoft die Nutzerbedürfnisse von Geschäfts- und Privatkunden in großen und langfristig dynamisch wachsenden Märkten gut trifft. Dies gilt auch für noch recht junge Geschäftsfelder wie Intelligent Cloud, Cyber-Sicherheit, Spiele und LinkedIn.

Die Top Line: So beträgt das organische Umsatzwachstum (oW) dynamische 20% auf 51,73 Mrd. USD (erster Quartalsumsatz > 50 Mrd. USD) und liegt damit klar über Konsens. Treiber des Wachstums sind unverändert Azure (+46% oW) mit nach wie vor sehr hohem Wachstumstempo bei Mehrjahreskontrakten mit Großkunden, das Cloud-Geschäft insgesamt mit 32% oW (Cloud jetzt mit 42,7% Anteil am Konzernumsatz = +390 bps), Dynamics mit 44% oW, LinkedIn mit +36% oW und Search/Werbung mit +32% oW.

Die drei Geschäftsbereiche des Konzerns haben im Bereich +15% bis +26% zugelegt:

  •  „Intelligent Cloud“ (Cloud Services, Server-Produkte), das mittlerweile größte und zugleich das dynamischste Geschäft hat mit +26% organischem Umsatzwachstum auf 18,3 Mrd. USD zugelegt. Treiber waren neben Azure praktisch alle B2B-Server-/Cloud-Produkte.
  • „Productivity & Business Processes“ +19% oW auf 15,9 Mrd. USD. Treiber waren Dynamics 365, Office 365 Commercial und LinkedIn.
  • „More Personal Computing“ +15% oW auf 17,5 Mrd. USD. Treiber waren Search/Werbung, Gaming und Windows OEM; das Wachstum von Windows OEM in Höhe von 25% wurde merklich vom neuen Windows 11 angeschoben, welches 6 Prozentpunkte zum Wachstum beitrug.

Die Q3-Guidance ist stark, ebenfalls über Konsens. Das Wachstums-Momentum soll in allen drei Geschäftsbereichen hoch bleiben. CFO Hood sagte im Analysten-Call, man erwarte, dass alle Geschäftsbereiche in ähnlich hohem oder noch beschleunigtem Tempo wachsen, so werde etwa Azure im Quartalsvergleich schneller zulegen.

Die Bottom Line:

  • Die Rohmarge beträgt 67,2% (+20 bps; langsamere Zunahme als meist, weil die Rohmarge bei Intelligent Cloud wg. Änderung des Abschreibungszeitraums bei Servern/Netzwerk-Hardware
  • Das Ebit steigt um +24,3% auf 22,25 Mrd. USD. Die operative Marge (oM) beträgt äußerst hohe 43% (= +145 bps), was auf hohe Skaleneffekte zurückzuführen ist. Intelligent Cloud weist eine operative Marge von 44,7% auf, Productivity & Business Processes von 48,2% und More Personal Computing von 36,4%. F&E, die „Lebensader“, bleibt mit 11,1% Umsatzanteil der größte Opex-Posten.
  • Die Free Cash Flow-Marge, net-working-capital-bereinigt, liegt mit 21,18% im gewohnt hohen Normalbereich (berichtet 16,65%). Microsoft schafft es weiterhin, den Free Cash Flow etwa alle vier Jahre zu verdoppeln – obgleich Microsoft nach wie vor massiv ins Wachstum investiert, vor allem bei Azure. Der Capex beträgt sehr hohe 11,33% des Umsatzes.

Demonstration der Stärke: Zwei Kennzahlen verdeutlichen, dass Microsoft extrem gut unterwegs ist: 22,43% des Umsatzes setzt Microsoft für Capex und F&E ein – das ist sogar deutlich mehr als kapitalintensive Industrien wie Auto, Stahl, Basischemie etc. Und der Capex ist 67,8% höher als die Abschreibungen, Microsoft investiert also bei Wachstum relativ gesehen deutlich mehr. Ist Microsoft also nicht mehr asset-light? Doch, keine Sorge. Das Softwaregeschäft braucht wenig Kapital. Wie Google/Alphabet und Apple nutzt Microsoft gleichwohl die hohen Margen aus seinen dynamischen Geschäften, um noch mehr schnell wachsende und hochprofitable Geschäftsfelder aufzubauen. Azure, Künstliche Intelligenz sowie Gaming sind der aktuelle Wachstumsfokus.

Damit nicht genug, auch anorganisch befeuert Microsoft unverändert entschlossen das profitable Wachstum. Wie Apple, Google und Meta sind sie „Serienkäufer“ von Technologie-Start-Ups (im Durchschnitt kauft jeder der Groß-Techs 40 bis 60 kleine Technologie-Firmen im Jahr), und sie erwerben auch des Öfteren größeres Geschäft, ob LinkedIn 2016 (für 26,2 Mrd. USD) oder im letzten April Nuance (für 19,7 Mrd. USD). Nuance ergänzt das Cloud-Geschäft von Microsoft im Gesundheitsbereich. Nuance ist Anbieter von KI-gestützter Spracherkennung, die cloudbasierte Software wird vor allem im Gesundheitssektor eingesetzt. So können z. B. Ärzte damit Unterhaltungen mit Patienten aufnehmen und direkt in elektronische Patientenakten einfügen; in den USA nutzen rd. 77% der Krankenhäuser, 55% der Ärzte und 75% der Radiologen Nuance-Lösungen unter anderem zur Dokumentation von Patientendaten.

Activision Blizzard: Nun hat Microsoft seinen bisher größten Kauf in der Firmengeschichte bekanntgegeben:  Den Erwerb von Activision Blizzard für 69 Mrd. USD, einen der weltweit größten Gaming-Produzenten („Warcraft“, „Call of Duty“). Das Signing ist erfolgt, ob es zum Closing kommt, wird interessant sein zu sehen, denn die Kartellbehörden gerade in den USA und Europa werden den Deal wohl intensiv prüfen.

Der Zukauf zeigt erstens, dass Microsoft weiter Marktanteile von Sony und Tencent abgreifen will, die im Gaming-Bereich beim Umsatz vor Microsoft liegen. Dafür hatte Microsoft im September 2020 bereits Bethesda für 7 Mrd. USD gekauft, einen weiteren Spieleentwickler (vor allem wg. „Fallout“ und „Elder Scrolls“, die beliebte Franchises von Bethesda sind). Activison Blizzard wird das Gaming- und das Xbox-Geschäft von Microsoft erheblich stärken. Activison Blizzard dürfte im Geschäftsjahr (FY) 2021 etwas unter 9 Mrd. USD Umsatz gemacht haben, das organische Umsatzwachstum im hohen einstelligen / im niedrigen zweistelligen Bereich und die Free Cash Flow-Marge im Bereich von 30% liegen. Der Zukauf erhöht also Microsofts Marge. Der Enterprise-Value-Kaufpreis inkl. net cash von rd. 7 Mrd. USD beträgt rund das 23fache des Free Cash Flows FYe. Microsoft kann den Deal problemlos aus seinem Cash-Bestand bezahlen (aktuell 125,4 Mrd. USD, net cash ist 61,3 Mrd. USD wegen Schulden weitgehend aus Aktienrückkäufen, die Nettofinanzposition inkl. des net working capitals beträgt 37,6 Mrd. USD).

Zweitens hat Microsoft durch sein Produktportfolio von Gaming über Teams (der Kollaborations-Software) und LinkedIn bis zu mit KI/Intelligente Datenanalyse und Azure/Cloud hochspannende Ressourcen für die strategische Weiterentwicklung des Spielegeschäfts: So dürfte man mehr Audio- und Videokommunikation in die Gaming-Plattform integrieren, so dass man mehr und mehr eine virtuelle Welt schaffen kann, die durch Spiele verbunden ist. Für das „Metaverse“, also das Zusammenwachsen von realer und virtueller Welt, dürfte Microsoft hervorragend positioniert sein. Gaming ist nur der erste Schritt für eine Monetarisierung des Metaversums, auch z. B. für die Arbeitswelt dürfte Microsoft virtuelle Produkte für seine Millionen B2B-Kunden entwickeln. Das Metaverse ist derzeit noch viel mehr Vision als Realität, aber Microsoft hat alle Ressourcen, um virtuelle Produkte und Plattformen aufzubauen, mit denen sie wachsen und Geld verdienen können. Dafür schafft Microsoft wie Apple, Google und Meta derzeit sehr viele neue F&E-Kapazitäten, im Wesentlichen sind das Programmierer und Produktentwickler.

Die Bilanz:

Die Nettofinanzposition beträgt inkl. des net working capitals 37,6 Mrd. USD, das Eigenkapital (EK) steigt um +12,7% auf 160 Mrd. USD (höhere Gewinnrücklagen), die EK-Quote beträgt 47% (+450 bps) trotz anhaltend hoher Aktienrückkäufe.

Bewertung:

Der Enterprise Value beträgt das rund 28fache des Free Cash Flows 2023e, den Fair Value nach Discounted Cash Flow-Methode sehen wir bei 310 – 320 USD/Aktie.