Microsoft, Q4 2021/22

25. August 2022
Microsoft, Q4 2021/22

Microsoft zeigt sich gewohnt exzellent mit einem dynamischem organischem Umsatzwachstum (oW) von +16% auf 51,87 Mrd. USD (berichtet +12% wegen starkem USD) und sehr hoher Free Cash Flow-Marge von 34,2%. Auf das Geschäftsjahr bezogen beträgt das oW 19% und legt auf 198,27 Mrd. USD zu (berichtet +18% mit Wechselkurseffekt -1%) und die Free Cash Flow-Marge beträgt 32,9%.

Mit dem folgenden Vergleich kann man die Brillanz der Top-Weltklasse-Firma Microsoft gut nachvollziehbar einordnen: Der FY-Free Cash Flow von Microsoft von 65,15 Mrd. USD ist höher als der kumulierte Free Cash Flow aller Dax 40-Firmen, obgleich diese 40 Firmen zusammen mehr als 8x so viel Umsatz generieren wie Microsoft. Lediglich Apple und Google ragen auf dem globalen Kurszettel als Mega-Cash-Compounder noch mehr heraus.

Das Innovations- und Wachstumsprogramm, welches der damals neue CEO Nadella nach seinem Amtsantritt Anfang 2014 startete, liefert seit Jahren wirklich herausragende Geschäftsergebnisse, die illustrieren, wie Nadella im Quartals-Call äußerte, dass mittlerweile „(…) no company is better positioned than Microsoft to help organizations deliver on their digital imperative so that they can do more with less. From infrastructure and data to business applications and hybrid work, we provide unique differentiated value to our customers. Second, we (…) invest to take share and build new businesses in categories where we have long-term structural advantage. Lastly, we (…) manage through this period with an intense focus on prioritization and executional excellence in our own operations to drive operational leverage.“

Heute ist Microsoft vielfach besser positioniert als 2014, und nutzt die hohe und stetig wachsende Cash-Produktion für intensive Forschung & Entwicklungs-Aktivitäten, mit denen Microsoft eine beständig hohe Zahl an Produktinnovationen erschafft, mit deren Hilfe wiederum Microsoft dann neue Wachstumsmärkte erobert.

Windows und Office sind weiterhin ein einträgliches und gut planbares Brot- und Buttergeschäft, insbesondere mit Unternehmenskunden (meist als Software as a Service in der Cloud genutzt). Genauso sind Server-Produkte und Daten-Infrastruktur ein gutes und wachsendes Geschäft. Und die komplett neu aufgebauten innovativen Geschäftsfelder sind nicht nur Wachstumstreiber mit Wachstumsraten bis teilweise extreme 50% pro Jahr, sondern mittlerweile auch größer als das vormalige Kerngeschäft. Das gilt vor allem für Intelligent Cloud und hier ganz besonders für Azure, welches Geschäftskunden mit Hilfe AI-gestützter Analyse auch größter Datenmengen völlig neue Möglichkeiten eröffnet:

  • wie eine dramatische Optimierung interner Prozesse
  • Verbesserung des Einkaufs, Effizienz- und Qualitätsverbesserung von Produktion und Supply Chain
  • deutlich produktivere F&E und massiv beschleunigte Produktentwicklung
  • zielgenauer Vertrieb
  • effizientes Working Capital-Management
  • bessere Risikoanalyse
  • und noch viel mehr

Neben Azure wachsen z.B. LinkedIn und Teams ebenfalls enorm.

Die noch bessere Nachricht: die innovativen Wachstumstreiber von Microsoft stehen erst am Anfang eines langfristigen Wachstumspfades, weil diese Wachstumstreiber sich in einem extrem hohen Innovationstempo weiterentwickeln und säkulare Wachstumstrends immer besser bedienen. Das gilt ganz besonders für das Intelligent Cloud-Business, weil bei den meisten Firmen erst der kleinere Teil der Daten und Softwareplattformen auf die für sie vorteilhafte und effiziente Cloud umgestellt worden sind, und weil vor allem Azure seine Fähigkeiten mit dem enormen Fortschritt im Bereich Künstliche Intelligenz dramatisch erhöht, was den Azure-Kunden enormen Nutzen in der ganzen Wertschöpfungskette bringt.

Top line

Bei den Q4-Geschäftsergebnissen hätte die Analystenzunft allerdings gerne etwas mehr gesehen. Dabei muss man berücksichtigen, dass Microsoft das hohe Umsatzwachstum und die brillanten Margen trotz erheblichen Gegenwinds gerade in Q4 geschafft hat – denn der starke USD hat den Umsatz um 4% gebremst und natürlich auch Marge gekostet. Sodann musste das Herunterfahren des Russland-Geschäfts verdaut werden, genauso wie der fehlende Umsatz in China als Folge von Lockdowns in mehreren chinesischen Millionen-Städten im April und Mai.

Die Guidance fürs neue Geschäftsjahr (organisches Umsatzwachstum (oW) wird zweistellig erwartet sowie weiter steigende Margen) hat die Analysten dann besänftigt, weil sie wegen des starken USD weniger erwartet hatten.

Das größte der drei Geschäftssegmente, „Intelligent Cloud“, hat mit 25% oW im Berichtsquartal auf 20,91 Mrd. USD wie fast immer mit dem höchsten Tempo zugelegt. Treiber sind, wie immer, Cloud-Server-Produkte und Cloud Services mit 26% oW, vor allem Azure mit 46% oW. Das zweitgrößte Geschäftssegment, „Productivity & Business Processes“ hat 17% oW auf 16,6 Mrd. USD geschafft (darunter: Dynamics Cloud (36% oW), Office 365 Commercial (19% oW) und LinkedIn mit 29% oW; Office Consumer & Cloud 12% oW.) „More Personal Computing“ mit dieses Mal verhaltenerem 5% oW auf 14,4%, weil Windows OEM um 2% geschrumpft ist (weltweit wurden weniger PCs verkauft), genauso Gaming/Xbox-Spiele mit -4% oW; Wachstumstreiber wie meist Search & News-Werbung mit sehr starken 21% oW, Windows Commercial Cloud mit 12% oW und diesmal auch Surface mit +15% oW.

Die bottom line

Das Ebit bzw. das operative Ergebnis legt mit +7,5% auf 20,53 Mrd. USD zu, die operative Marge (oM) beträgt 39,6% (-180 bps, hauptsächlich wegen des starken USD; außerdem bleiben die Wachstumsinvestitionen in neue Produkte hoch, F&E wächst daher um +20,1% auf 6,85 Mrd. USD = 13,2% des Umsatzes; der Großteil der F&E-Mittel wird für das Cloud Engineering sowie für LinkedIn eingesetzt; der Großteil der Marketingaufwendungen dagegen für LinkedIn, Azure sowie für den Zukauf Nuance); die operative Marge des Geschäftsjahres beträgt 42,1% (= +50 bps trotz hoher F&E-Aktivität und nachteiliger Wechselkursentwicklung gegen Ende des FY – der USD hat in den ersten 9 Monaten allerdings weniger gebremst und daher auch insgesamt relativ wenig das FY beeinflusst).

Der Free Cash Flow1 steigt um +9,2% auf 17,76 Mrd. USD (34,2% Free Cash Flow-Marge = -100 bps; etwas höhere Steuerquote, höhere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und etwas niedrigere sonstige kurzfristige Assets). Der Free Cash Flow des Geschäftsjahres (FY) steigt mit +16,1% auf 65,15 Mrd USD (Free Cash Flow-Marge 32,9% = -50 bps, höhere Investitionen von +15,8% auf 23,9 Mrd. USD = 12,1% des Umsatzes für Capex).

Die Cash Conversion Rate (CCR) in Q4 beträgt 106,1% und in FY 89,6% (5,7 Mrd. USD höhere latente Steuern und der oben genannte höhere Capex).

Die Bilanz

Das Eigenkapital (EK) steigt um +11,8% auf 166,5 Mrd. USD, die EK-Quote beträgt 45,6% (+310 bps trotz anhaltend hoher Aktienrückkäufe von 32,7 Mrd. USD FY). Die Nettofinanzposition inklusive des net working capital (nwc) beträgt 31,6 Mrd. USD, das net cash 61,9 Mrd. USD (den Activision-Zukauf können sie also aus dem net cash bezahlen – derzeit laufen kartellrechtliche Prüfungen, Closing ist für Ende 2023 geplant). Microsoft erreicht eine sehr hohe Verzinsung des eingesetzten Kapitals mit einem RoCe2 von 48,3%. Der Free Cash Flow von 65,15 Mrd. USD wurde wesentlich eingesetzt für die oben angesprochenen Rückkäufe von 32,7 Mrd. USD, die Dividende von 18,1 Mrd. USD (= +9,6%), daneben die Schuldenrückzahlung in Höhe von 9 Mrd. USD, während der Rest von rund 6,3 Mrd. USD in der Firmenschatulle verbleibt.

Die Bewertung

Der Enterprise Value beträgt das 31,6fache des Free Cash Flows bzw. 28,6fache des Free Cash Flows 2023e. Gemäß Fair Value/DCF-Methode müsste der Kurs bei 330 – 350 USD/Aktie liegen. Teuer? Unseres Erachtens nicht, denn: Microsoft gehört zu der Handvoll von Großfirmen weltweit, die etwa alle vier Jahre ihren – ohnehin extrem hohen – Free Cash Flow verdoppeln (die anderen Mega-Cash-Compounder sind Apple, Google, Visa, Adobe und Meta). Und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist dabei ebenfalls verlässlich herausragend. Weshalb? Microsoft wird umsichtig geführt, bedient weltmarktführend und innovativ strukturelle Wachstumstrends, erzielt dabei extrem hohe Skaleneffekte und verdient deshalb trotz (oder wegen) hoher F&E-Aufwendungen extrem viel Geld und setzt das hohe und schnell wachsende freie Cash in die Eroberung neuer schnell wachsender Märkte ein, in denen sie ebenfalls immer mehr freies Cash produzieren, welches sie wiederum in die Eroberung schnell wachsender Märkte investieren, etc.

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1 Das Nachsteuerergebnis ist nicht der Unternehmensgewinn, sondern der freie Barmittelzufluss (Free Cash Flow), da nur der Free Cash Flow Abschreibungen, Betriebskapital (working capital) und Investitionen berücksichtigt. Der wirkliche Unternehmensgewinn, der Free Cash Flow, ist für uns eine maßgebliche Bezugsgröße für die Unternehmensbewertung.

2 Wir legen großen Wert auf eine valide und konservative Struktur der eingesetzten Kennzahlen und berechnen das RoCe daher als Free Cash Flow im Verhältnis zum Eigenkapital plus Nettofinanzschulden bzw. abzgl. Nettofinanzposition plus sämtliche langfristige Rückstellungen wie Pensions- und Leasingverpflichtungen.

Stand der Daten: 31.07.2022