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Teil 2: Robustheit in der (Corona-) Rezession

29.04.2020
Auf dem Bild ist Dominikus Wagner, der Mitgründer und Fondsmanager von Wagner und Florack zu sehen

Robuste Cash Flows und solide Bilanzen sind die beste "Downside Protection" und gleichzeitig Garant für langfristige Investitionssicherheit und eine hohe Performance gleichermaßen.

Beispiel: Procter & Gamble Q3 2019/2020
Robustheit und Profitabilität von P&G

Top line und bottom line weist P&G erneut ein sehr dynamisches und zugleich robustes Quartal mit starkem operativem Wachstum von 6% auf 17,2 Mrd. USD auf und einer beeindruckend hohen Free Cash Flow-Marge von 19,4% bei einer sehr guten Cash Conversion Rate (CCR) von 113%. Die Resilienz und die Profitabilität des Geschäftsmodells sind wirklich außergewöhnlich.

Wie in jeder Rezession war das Umsatzwachstum nahezu ausschließlich absatzgetrieben, Preis/Mix waren dagegen nahezu flat. Die Strategie, die sich bei P&G und die anderen Consumer Staples  in jeder Rezession beobachten lässt: P&G hat die Schlagzahl an Produktneuheiten bei den Top-Marken ihrer fünf Produktkategorien (Home/Laundry, Beauty/Personal Care, Family/Feminine/Baby, Health Care und Grooming) deutlich erhöht, vor allem Produkte, die den täglichen Bedarf abdecken (wie Ariel/Tide, Lenor, Fairy/Dawn, Febreze, Swiffer, Meister Proper, Braun, Gillette, Gillette Venus, Oral-B/blenda-med/blenda-dent/Crest, Head&Shoulders/Pantene Pro-V/Herbal Essences, always, Pampers/Luvs, Charmin, Bounty).  Auch wurden Verpackungsgrößen durchweg erhöht, diese neuen Produkte zugleich intensiver beworben, ohne jedoch, wie sonst bei normal laufender Konjunktur üblich, die Preise zu erhöhen. Außerdem hat eine stärkere Grippesaison beim Absatz geholfen (Wick/Metamucil). Gerade letzteres hat den Produktmix trotz des lockdown-induzierten Absatzrückgangs bei Premium-Hautpflege-Produkten in China und im Reisegeschäft (vor allem die Luxuscreme SK-II, aber auch z.B. Olay) stabil gehalten, aber auch das besonders hohe Wachstum bei höherwertigen Produktneuheiten aus den besonders beworbenen Kategorien der täglichen Bedarfsgüter wie Ariel, always, Pampers, Braun und Oral-B.

Die Steuerung des operativen Wachstums vor allem über den Absatz werden sie im gestarteten Q4 gerade in den USA und Europa fortgeführt haben, weil dort die lockdowns Mitte/Ende März begannen.

Hinter dieser Volumen-Strategie bei Top-Marken des täglichen Bedarfs steckt eine enorme operative Leistung: P&G hat die Produktion binnen weniger Tage um 22% erhöht und alle Produkte in die FDM- und Apotheken-Regale/Läger der Online-Shops gebracht. Das ist eine beeindruckende Zahl, die nur zustandekommen kann, wenn die internen Prozesse vom Einkauf über Produktion, Produktmanagement, Werbung bis zur Distribution/Logistik gut funktionieren. Dies illustriert, dass das vor ein paar Jahren durchgeführte streamlining der Prozesse und der supply chain sowie der Abbau des damals opulenten Wasserkopfes immer erfolgreicher wirken.

Entsprechend dynamisch ist das Wachstum bei den Produktkategorien Home/Laundry mit 10% operativem Wachstum auf 5,83 Mrd. USD, bei Health Care mit 9% operativem Wachstum auf 2,26 Mrd. USD und bei Baby/Feminine/Family mit 7%  operativem Wachstum auf 4,66 Mrd. USD. Beauty mit +1% auf 3,03 Mrd. USD und Grooming mit -1% operativem Wachstum auf 1,38 Mrd. USD waren schwächer. Beauty war soft infolge des zeitweise merklichen Absatzrückgangs bei der Premium-Hautpflege in China und des im Quartalsverlaufs eskalierten Zusammenbruchs des Reisegeschäfts (zweistelliger Absatzrückgang bei SK-II), während die Haarpflege in Europa, den USA und den meisten Emerging Markets solide gewachsen ist, in China aber corona-bedingt abgegeben hat. Bei Grooming hat zwar der Absatz von Geräten und consumables wie Rasierklingen erfreulicherweise das dritte Quartal hintereinander gut zugelegt, aber das ohnehin etwas volatilere Geschäft mit Rasierschaum/After Shaves hat diesmal deutlich verloren.

Alle 5 Konzerngeschäftsbereiche haben ihre jeweiligen Weltmarktanteile um 20 bps bis 80 bps ausgebaut, auch Grooming und Beauty, weil Wettbewerber noch schwächeres operatives Wachstum hatten.

Regional ist das operative Wachstum in den USA (der größte Markt mit 42% Anteil am Konzernumsatz) und in Europa  (23% Anteil) mit jeweils 6% sehr erfreulich, auch in vielen Emerging Markets (35% Anteil), gerade auf größeren Märkten wie Brasilien, Mexiko und Indien. Dafür war das operative Wachstum in China (zweitgrößter nationaler Markt mit 9% Anteil am Konzernumsatz, inkl. Hongkong/Macau sind es 13%) und anderen asiatischen Staaten lockdown-bedingt rückläufig. Das Online-Geschäft wächst weiter höher zweistellig (P&G nennt keine exakten Daten), pusht also das operative Wachstum, und generiert lt. CFO/COO Moeller im Quartals-Call mehr als 10% des Umsatzes.

Das Ebit steigt um 6,9% auf 3,45 Mrd. USD, die operative Marge 20% (+10 bps), die um das laufende Effizienzprogramm bereinigte operative Marge steigt sogar um 100 bps auf 20,9%.

Die Skaleneffekte

Wie hoch die Skaleneffekte sind, illustrieren folgende Zahlen: Die operative Marge hat in den drei schnell gewachsenen Geschäftsbereichen im Bereich 1,3x bis 3x schneller zugelegt als der jeweilige Umsatz, obgleich bspw. die schnelle Umstellung von Inhaltsstoffen, neue und größere Verpackungen, die Produktionsausweitung und die Distribution größerer Mengen sicherlich auch höhere (vor allem Einmal-)Kosten verursacht haben dürften (so hat die Rohmarge mit 6% etwas langsamer zugelegt als die operative Marge mit 6,9%).

Daneben ist das Wachstum der operativen Marge leicht gebremst worden, weil Grooming, das kleinste Konzerngeschäft, mit einer operativen Marge von rd. 36% zwar das mit Abstand profitabelste Geschäft ist (die vier anderen Konzernbereiche haben allesamt eine operative Marge im Bereich 20% bis 23%), aber leicht Umsatz abgegeben hat, während vor allem Home/Laundry und Baby/Feminine/Family, die beiden umsatzstärksten Segmente, die aber auch die niedrigste operative Marge haben, diesmal besonders schnell gewachsen sind.

Die Bilanzdaten und die Bewertung:

Die Free Cash Flow-Marge erreicht im Quartal mit 19,4% (3,33 Mrd. USD) erneut ein bärenstarkes Niveau, die Cash Conversion Rate (CCR) vom Nachsteuerergebnis zum Free Cash Flow beträgt hohe 113%, weil P&G das Net Working Capital weiter im Bereich von Null hält, und obgleich der Capex mit 4,2% vom Umsatz auf hohem Niveau bleibt, weil P&G weiter ins Wachstum und die Effizienz investiert (auch wenn der Kapitalbedarf für Capex/F&E geschäftsmodellbedingt im Vergleich zu allen anderen Industrien niedrig ist).

Die Nettoschulden inkl. Pensionsverpflichtungen betragen rd. 35 Mrd. USD. Das ist zwar mit 2,7x Free Cash Flow akzeptabel, aber unseres Erachtens wäre es sinnvoll, dass P&G die Aktienrückkäufe für einige wenige Jahre aussetzen würde, weil die Schulden dann halbiert wären. Aber P&G will im Fiskaljahr (FY) erneut rd. 1,5 Mrd. USD mehr für Aktienrückkäufe sowie für Dividenden einsetzen, als der Free Cash Flow FYe hergibt; jeweils die Hälfte wird wieder für Rückkäufe und Dividenden eingesetzt. Deshalb hat P&G die Quartalsdividende wieder erhöht, diesmal um 6%; insgesamt will P&G FY 7,5 Mrd. USD als Dividenden ausschütten.

RoCe FYe : Gute 16% (das EK bzw. die EK-Quote sinken wg. der anhaltenden Aktienrückkäufe um weitere 1,8 Mrd. USD auf 45,9 Mrd. USD bzw. um 230 bps auf 38,7%)

RoE FYe: Sehr gute 28%.

Die im Vorquartal erhöhte FY-Guidance für das operative Wachstum (4% bis 5%) und CCR wird bestätigt. Da das operative Wachstum auf 9 Monate bei rd. 6% liegt, plant P&G wegen der Unwägbarkeiten der lockdowns in Europa, Nordamerika und einigen Emerging-Markets-Staaten für Q4 also sehr vorsichtig. Allerdings sagte Moeller im Call, Q4 sei im April vielversprechend gestartet.

Fair Value nach DCF: 120-128 USD/Aktie.

Enterprise Value: Mit 25x Free Cash Flow FYe nicht günstig, aber bei der ausgesprochen hohen Geschäftsqualität des Weltmarktführers, dem verlässlich robusten Wachstum auch in der Rezession wie aktuell, der enorm hohen und fast immer überdurchschnittlich steigenden Profitabilität, die mittlerweile branchenführend ist, und der hohen Kapitalverzinsung ist die Bewertung angemessen („value at a reasonable price“) - Qualität gibt es nun einmal nicht billig.

Auf dem Bild ist die Unterschrift von Fondsmanager Dominikus Wagner zu sehen.

Dominikus Wagner

CCR = Cash Conversion Rate

EK = Eigenkapital

EV = Enterprise Value

FCF = Free Cash Flow. Das Nachsteuerergebnis ist nicht der Unternehmensgewinn, sondern der freie Barmittelzufluss (Free Cash Flow), da nur der Free Cash Flow Abschreibungen, Betriebskapital (working capital) und Investitionen berücksichtigt. Der wirkliche Unternehmensgewinn, der Free Cash Flow, ist für uns eine maßgebliche Bezugsgröße für die Unternehmensbewertung.

FY = Financial Year

FYe = expected Financial Year

nwc = Net working capital. Warum wir uns den um die net-working-capital-Veränderungen bereinigten Free Cash Flow anschauen: Der Lagerwert ist bei allen Herstellern physischer Güter wegen der Lieferkettenprobleme deutlich erhöht. Denn die Hersteller physischer Güter legen sich wegen der gestörten Lieferkette derzeit sämtliche Vorprodukte ins Lager, derer sie habhaft werden können. Das derzeit hohe im Lager gebundene Cash wird nach dem Bilanzstichtag mit dem Abverkauf der Produkte „befreit“ und sozusagen verspätet als echtes Cash im Cash Flow-Statement gezeigt. Somit ist der net-working-capital-bereinigte Free Cash Flow die validere Kennzahl zur Bewertung der Profitabilität einer Firma unter der Bedingung selbstverständlich, dass die jeweilige Firma nicht auf dem Lager „sitzen bleibt“ oder Lagerabwertungen vornehmen muss.

oW = organisches Umsatzwachstum

Q1, Q2 usw. = Quartal 1, Quartal 2 usw.

RoCe = Return on Capital employed. Wir legen großen Wert auf eine valide und konservative Struktur der eingesetzten Kennzahlen und berechnen das RoCe daher als Free Cash Flow im Verhältnis zum Eigenkapital plus Nettofinanzschulden bzw. abzgl. Nettofinanzposition plus relevante, langfristige Rückstellungen wie Pensions- und Leasingverpflichtungen.

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