Der Ukraine-Krieg und die Folgen für die Unternehmerfonds

18. März 2022
Der Ukraine-Krieg und die Folgen für die Unternehmerfonds

Liebe Investoren, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist traurige Realität geworden: Wir haben einen Krieg in Europa, verbunden mit unfassbarem Leid, das mich und uns bei Wagner & Florack tief berührt.

Unsere Aufgabe ist es – so schwer es auch fallen mag – Emotionen auszublenden und als langfristige, unternehmerisch denkende Investoren zu analysieren, welche Folgen der Krieg und die geopolitische Krise auf unsere Portfoliofirmen und auf unsere Investmentstrategie hat, mit der wir das uns anvertraute Kapital und unser eigenes verwalten.

Die direkte Folge des Ukraine-Krieges: Die Energiepreise und die Preise etlicher Rohstoffe sind stark gestiegen und werden – je nachdem wie sich die Sanktionsspirale weiter drehen wird – noch weiter steigen. Dies macht sich nicht nur für uns als Verbraucher z. B. an der Zapfsäule usw. bemerkbar, sondern bekommen auch nahezu alle Unternehmen zu spüren. Besonders betroffen sind rohstoff- und energieintensive Firmen z. B. aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau oder der Chemie. Firmen aus Branchen allerdings, in denen wir nicht investiert sind und auch nie sein werden aufgrund ihrer grundsätzlich hohen Kapitalintensität, ihrer chronisch geringen Margen, ihrer hohen Wettbewerbsintensität und aufgrund ihrer relativ geringen Skaleneffekte. Aber auch für alle Firmen, die physische Güter herstellen, wird der Gegenwind durch die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise zunehmen. Auch für unsere Portfoliounternehmen. Bereits vor Ausbruch des Krieges hat die pandemiebedingte Engpasslage in der Lieferkette die Lieferfähigkeit vieler Unternehmen gebremst. Etliche Unternehmen konnten schlichtweg nicht so viel produzieren, wie sie hätten absetzen können. Unser Portfoliounternehmen Apple beispielsweise konnte aufgrund der Lieferkettenstörung und des damit verbundenen Versorgungsengpasses bei den Vorprodukten die weltweit hohe Nachfrage nach Apple-Produkten nicht voll befriedigen. Im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 hatte Apple dies rund 6 Mrd. USD Umsatz gekostet. Im ersten Quartal 2021/2022 waren die Umsatzeinbußen bei einem Quartalsumsatz von 124 Mrd. USD offenbar noch größer, konkrete Zahlen nannte Apple nicht (dennoch wuchs Apple in Q1 2021/2022 zweistellig (!) und verdiente prächtig). Die bereits vor Ausbruch des Krieges gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sowie die Lieferkettenstörungen führten zu deutlich erhöhten Material- und Logistikkosten und bei sehr vielen Unternehmen zu deutlichem Druck auf die operativen und die Free Cash Flow-Margen. Wir hatten darüber berichtet, dass unsere Portfoliounternehmen im ersten Halbjahr 2021 die erhöhten Inputkosten kompensieren und teilweise sogar überkompensieren konnten. Für das zweite Halbjahr 2021, insbesondere für das vierte Quartal, ist zu beobachten, dass auch bei diversen Firmen unseres Portfolios die Margen sanken. Die durch die historisch höchsten Kostensteigerungen entstandenen Margensenkungen konnten unsere Portfoliounternehmen – im Gegensatz zu sehr vielen anderen Unternehmen – aber z. B. über Preiserhöhungen begrenzen. Der Grund: Starke Marken und ein hoher Anteil an Premiummarken verleihen Preissetzungsmacht. Auch ein ständig verbesserter Preis/Mix sowie mengenbedingte Skaleneffekte und Effizienzgewinne führten zu einer Begrenzung des Margendrucks (siehe z. B. Nestlé). Besonders positiv in diesem Zusammenhang zu erwähnen sind unsere Portfoliofirmen Beiersdorf, Henkel, Lindt & Sprüngli, Danaher, Hermès, Fielmann, Rational und Sonova, die es sogar geschafft haben ihre Margen zu steigern.

Der Ukraine-Krieg und seine Folgen befeuern nun die Inputkosteninflation und werden zu weiter sinkenden Margen führen. Ein z. B. steigender Ölpreis, der alle Chemievorprodukte erneut deutlich verteuert und die Logistikkosten ansteigen lässt, wird auch bei unseren Portfoliofirmen weiteren Druck auf die Margen ausüben, wenngleich unsere Portfoliofirmen zumindest vergleichsweise wenig energie- und rohstoffabhängig sind und sie vor allem den Margendruck aufgrund der oben beschriebenen Sachverhalte (z. B. Preissetzungsmacht) werden abfedern können.

Unsere Consumer-Techs wie z. B. Alphabet, Visa und Microsoft, also Technologiefirmen, deren Produkte von Verbrauchern und Unternehmen stabil nachgefragt werden und deren Margen dauerhaft hoch sind, sind geschäftsmodellbedingt nur recht geringfügig von gestiegenen und weiter steigenden Inputkosten tangiert. Ihre Margen sind hoch, bleiben hoch und sie besitzen eine hohe Preissetzungsmacht. Eine negative Rolle spielt bei den robusten Tech-Firmen aber weiterhin die Lieferkettenstörung. Sie hatte bei vielen Elektronikherstellern weltweit zu stagnierenden Umsätzen oder nur geringem Wachstum geführt. Unsere Consumer- Techs wuchsen dennoch weiter sehr stark, wenngleich wie im Falle von Apple eingebremst, wie oben beschrieben. Erschwerend kommt nun noch hinzu, dass ein erneuter Anstieg der Corona-Infektionen das chinesische Hightech-Zentrum Shenzhen für mindestens eine Woche per Lockdown lahmlegt. In der chinesischen Metropole werden unter anderem Smartphones, Mikrochips und andere elektronische Bauteile produziert. Die Dauer des Lockdowns ist vorerst auf eine Woche begrenzt, könnte aber natürlich durchaus verlängert werden. Somit sind die Auswirkungen noch nicht einzuschätzen. Die Vorprodukt-Problematik könnte für etliche Firmen aber erheblich zunehmen und somit „teuer“ werden. Wiederum auf Apple bezogen können wir feststellen, dass Apples Lieferanten – losgelöst von Shenzhen – auch in der Zukunft weiterhin alles unternehmen werden, um ihrem wichtigsten Kunden genügend Komponenten zur Verfügung zu stellen. Der unter anderen in Shenzhen ansässige Apple-Partner Foxconn teilte mit, man werde für Apple in anderen Werken mehr iPhones produzieren. Auch ist ein Teil der Produktion für Apple in Shenzhen wieder angelaufen. Für Foxconn-Beschäftigte wurden „geschlossene Kreisläufe“ geschaffen, da Wohnheime auf dem Produktionsgelände liegen. All dies bedeutet dennoch nicht unbedingt, dass Apple insgesamt so viel produzieren, wie es absetzen kann. Die Auswirkungen bleiben abzuwarten.

Raus aus Aktien? Es kommt darauf an

Natürlich werden wir immer wieder einmal gefragt, ob es denn angesichts des Krieges und der damit verbundenen Unwägbarkeiten (z.B. steigende Inputkosten) nicht ratsam sei, nun Aktien zu verkaufen. Grundsätzlich: An vielen Firmen möchten wir weder zu Friedens-, noch zu Kriegszeiten beteiligt sein. Daher möchten wir nur auf unsere Portfoliofirmen bezogen Stellung beziehen: Zum einen können wir festhalten, dass wir in beiden Unternehmerfonds seit Kriegsbeginn aus aktueller Sicht nahezu keine Kursrückgänge zu verzeichnen haben. So weist der Unternehmerfonds flex C ein Minus von 0,12% und der Unternehmerfonds I ein Minus von 0,61% auf (Zeitraum: 24.02.2022 – 16.03.2022; Quelle: Morningstar; alle Angaben ohne Gewähr). Berücksichtigt man noch den gestrigen Börsentag, der noch nicht in den aktuellen Anteilspreisen berücksichtigt ist, werden wir sogar in positives Terrain vorstoßen. Derartige kurzfristige Betrachtungen sind uns eigentlich fremd, seien hier aber einmal erlaubt. Zum anderen auf die nähere Zukunft bezogen: Wir wissen auch nicht, ob die Kurse unserer Portfoliofirmen in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten zurückfallen werden oder nicht. Zu unberechenbar ist die aktuelle geopolitische Lage und das Handeln des russischen Präsidenten. Kurzfristig ist weder die eine (Kurs-)Richtung, noch die andere ausgemachte Sache. Es kann misslingen, zu meinen, man spare sich weitere Kursrücksetzer, wenn man sich jetzt von seinen Qualitätsunternehmen trennt. Zumal man bedenken sollte, dass der (richtige) Wiedereinstieg auch gelingen muss. Vermutlich ist dies der noch deutlich schwierigere Aspekt als der Ausstieg. Für uns sind diese Überlegungen auch nicht von Bedeutung. Wir wissen, dass Kursschwankungen für uns nichts Schlimmes bedeuten.

Was wirklich wichtig ist

Wichtig ist nicht nur, dass wir keine russischen Unternehmen im Portfolio haben, der Umsatzanteil unserer Firmen in Russland sehr gering ist, wir keine rohstoff- und energieintensiven Firmen im Portfolio haben und haben werden und übrigens auch keine Banken, sondern auch und vor allem, dass selbst bei einer noch zunehmenden Eskalation sowie im Falle eines Abschwunges der Weltwirtschaft z. B. unser Portfoliounternehmen Nestlé nicht weniger Nespresso oder Purina-Tiernahrung verkauft, Procter & Gamble nicht weniger Ariel, Always und Oral-B-Produkte, Google/Alphabet nicht weniger Search-Geschäft oder sinkende Werbeeinnahmen auf Youtube verbucht und L‘Oréal nicht weniger Biotherm-Gesichtscreme oder Garnier-Shampoos verkauft. Das ist wichtig!

Wir haben schon viele Phasen sehr hoher Nervosität an den Kapitalmärkten und auch temporär (stark) fallender Aktienkurse erlebt. Phasen eines starken wirtschaftlichen Abschwungs, in welchen zahlreiche Unternehmen insolvent gingen oder kurz vor der Insolvenz standen. Sei es das Platzen der „Dotcom-Blase“ nach der Jahrtausendwende, die Staatsschulden- und Bankenkrise 2008/2009, die Euro-Krise inkl. Griechenland-„Rettung“ 2011, die durch das schwache Wachstum Chinas ausgelöste Korrektur 2016 oder aber die Corona-Baisse 2020. Unsere Portfoliofirmen haben diese Krisen überstanden und dabei sogar noch weiter verlässlich gut verdient. Unsere Unternehmen werden auch diese Krise überstehen und wiederum gut verdienen. Und die Nervosität und die Turbulenzen an den Kapitalmärkten werden – wie immer – irgendwann vorbei sein. Und die Lieferkettenstörung? Die Lieferkettenstörung ist zwar hartnäckig, aber auch sie wird vorbeigehen. Die Corona-Pandemie verknappt weiterhin das Güterangebot, die Corona-Quarantänen von Arbeitnehmern führen zu Produktionsausfällen und Knappheit von Logistikkapazitäten. Das wird vorübergehen. Noch schneller ginge es, wenn sinnvollere Quarantäne-Regelungen, z. B. in Deutschland, bestünden. Das würde zu einem gewissen Rückgang der Inputkosteninflation und somit auch zu einer gewissen Entspannung hinsichtlich der Inflation für uns Verbraucher führen.

Wir wissen: Alle fünf bis zehn Jahre verdoppelt bis vervierfacht sich der Unternehmenswert unserer Portfoliofirmen, weil sich auch die freien Barmittelzuflüsse dieser Firmen alle zehn Jahre verdoppeln bis vervierfachen (und teilweise mehr). Selbst wenn die Kurse also kurzfristig weiter fallen sollten, haben wir die ökonomische Gewähr, dass sie sich nicht nur wieder erholen werden, sondern auch neue Höchstmarken erreichen werden. Wir wissen natürlich nicht wann. Deshalb brauchen wir nicht nur Qualität, sondern auch Zeit. Und dabei ist es gut zu wissen, dass unser Anlageerfolg nicht darauf beruht, die geopolitische Entwicklung, die makroökonomische Entwicklung oder die Inflationsentwicklung prognostizieren zu können. Wir investieren in Unternehmen, die einen guten Inflationsschutz bieten und immer gutes Geld verdienen, auch in Rezessionen.

Firmen, die ihre Produkte auch in der Rezession robust absetzen, Firmen mit niedrigem Kapitalbedarf, hohen Skaleneffekten, mit Preissetzungsmacht und daher hohen Margen und soliden Bilanzen, sind der beste Schutz für das Vermögen in schlechten Zeiten, denn sie sind nicht von der Insolvenz bedroht. Und nach dem Ende der Krisen (z. B. Krieg und Corona-Lieferkettenstörung) ziehen auch die Unternehmenswerte wieder an. Ein Portfolio derartiger Firmen besitzen wir. Jim Cramer, CNBC und ehemaliger Hedge- Fondsmanager, sagte gestern: „Own stocks of good companies that are built to last.“ Das ist auch unseres Erachtens der klügste Weg, Vermögen zu mehren und zu schützen, auch vor der Inflation.

Daher verkaufen wir jetzt keine einzige Qualitäts-Aktie. Wir sind und bleiben Miteigentümer an krisenfesten, robust wachsenden und hochprofitablen Firmen. Im Gegenteil: Vielmehr sollte freie Liquidität wie in jeder Korrektur oder Baisse in robuste Qualitätsunternehmen zu angemessenen Preisen investiert werden. Nach und nach in kleinen Schritten. So machen wir es im Unternehmerfonds flex, wo wir aktuell eine Liquiditätsquote von ca. 20% besitzen. Und wenn man keine spürbare Liquidität besitzt, wie im Unternehmerfonds gegeben, gibt es – robuste Qualität vorausgesetzt – keinen Anlass etwas zu tun. Außer der üblichen, gründlichen Analyse der Geschäftsberichte und der Überprüfung der Geschäftsmodelle der Unternehmen, in die wir investiert sind, sowie deren Wettbewerber natürlich.