Die Preise steigen und steigen, nicht nur an der Zapfsäule. Wie also das Vermögen vor dem Kaufkraftverlust in Zeiten schützen, in denen der Zins, auch wenn er vermutlich steigen wird, weit unter der Teuerungsrate liegt und auch weiterhin liegen wird? Häufig lautet die gängige Antwort: „In Aktien investieren.“ Doch diese Aussage ist sehr verkürzt und in vielen Fällen falsch. Die Überlegung hinter der Antwort: Inflation führt zu einem höheren Umsatz des Unternehmens und bei unveränderten Margen auch zu mehr Gewinn. Der erhöhte Gewinn führt zu einer Steigerung des Unternehmenswertes und – bei angemessener Bewertung des Unternehmens – auch nachgelagert, mittel- bis langfristig zu höheren Aktienkursen. So entsteht – neben der Dividende – Inflationsschutz für den Investor. Die entscheidende Frage ist daher, welche Unternehmen, die physische Güter herstellen, es angesichts massiv gestörter Lieferketten und der damit verbundenen Güterknappheit sowie angesichts explodierender Kosten für Vorprodukte schaffen, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzureichen und die Margen aufrecht zu erhalten. Den meisten Firmen gelingt genau das nicht. Am besten gerüstet sind grundsätzlich Firmen mit robustem Geschäftsmodell und hohen Burgmauern um ihr Geschäft, die deshalb so hoch sind, weil sie eine hohe Innovationskraft besitzen und über starke Marken mit einer sehr hohen Service- und Produktqualität verfügen. Firmen, die eine überschaubare Wettbewerbsintensität, also eine starke Stellung im Markt, haben und so mit ihren verlässlich nachgefragten (Premium-)Marken eine hohe Preissetzungsmacht besitzen.
Die gravierenden Lockdowns in China, die massenhaften Corona-Quarantänen von Arbeitnehmern weltweit und die Folgen des Ukraine-Krieges führten und führen zu einem dramatischen Anstieg der Kosten und zu einer hohen Knappheit von Vorprodukten. Die Inputkosteninflation und die Lieferkettenstörungen sind nicht nur extrem hartnäckig, sondern auch sehr dynamisch und suchen historisch ihresgleichen. Der Druck auf die Margen ist so hoch wie nie, auch bei den Unternehmen unseres Portfolios, die physische Güter herstellen. Und es kann auf Grund des Versorgungsengpasses bei den Vorprodukten teils die hohe Nachfrage nach Produkten nicht voll befriedigt werden, was entsprechend negative Auswirkungen auf den Absatz bedeutet. Festzustehen scheint: Die derzeitigen Kostensteigerungen bei Materialien und Logistik werden nur sehr wenige Firmen mit weiteren Preiserhöhungen, Mix- Verbesserung und höherer Effizienz/Volumen-Skalen auffangen können!
Unsere robusten Gewinnmaschinen mit ihren beliebten Marken schaffen es jedoch – im Gegensatz zu sehr vielen anderen Unternehmen – den durch die explodierten Inputkosten entstandenen Druck auf die Margen über höhere Preise, einen besseren Mix, durch Effizienzmaßnahmen und Veränderungsfähigkeit zu begrenzen oder zu kompensieren.
Gehen wir ein wenig in medias res und schauen uns anhand einiger weniger Unternehmen exemplarisch an, wie sich unsere Firmen dem Druck entgegenstellen:
Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist wieder einmal Procter & Gamble, die im abgelaufenen Quartal ein organisches Umsatzwachstum von 10% verzeichnen. Der Konsum ist also weiterhin sehr stark – trotz erneuter und erfreulicher Preiserhöhungen in allen Geschäftsbereichen und bei den meisten Produktkategorien. P&G erhöht die Geschäftsjahres-Erwartung für das organische Umsatzwachstum auf 6% bis 7% (von 4% bis 5%), außerdem wird die Geschäftsjahres-Erwartung für die bottom line bestätigt (!), nachdem auch im Quartal extrem hohe Kostensteigerungen bei Vorprodukten (410 bps höhere Materialkosten, 80 bps höhere Logistikkosten) erneut von Preiserhöhungen, Volumen-Skaleneffekten und Effizienzmaßnahmen kompensiert wurden, so dass zwar die Rohmarge um 380 bps gesunken ist, die operative Marge mit 20,8% aber lediglich um 10 bps niedriger liegt. Die um die Veränderungen des net working capital bereinigte Free Cash Flow-Marge ist mit 16,3% wie im zweiten Quartal am unteren Rand des P&G- Normalbereichs (und dies auch nur deshalb, weil der Lagerwert und damit das cash- mindernde working capital jetzt natürlich erhöht ist).
Wachstumstreiber sind Preiserhöhungen und starker Absatz bei Personal Health Care (Grippesaison), Fabric Care (Premiumisierung) und Baby/Feminine (dto. mehr Premium), aber auch alle anderen Produktkategorien mit vielen neuen Produkten, Premiumisierung und höheren Preisen mit solidem bis teilweise starkem organischem Umsatzwachstum. Der Absatz ist über alle Produktregionen – trotz der weiteren Preiserhöhungsrunde – robust. Zudem legen alle Absatzregionen gut zu.
Es ist mehr als eindrucksvoll, bei diesem wirklich extremen Kostendruck derart stark zu liefern! P&G ist sehr gut geführt, das zeigt sich gerade jetzt unter den erheblich erschwerten Bedingungen. Procter & Gamble gelingt es, die Konsumenten in allen Konjunkturphasen von ihren Produkten zu überzeugen, auch wenn sie immer teurer werden, und das ja zum Teil ganz erheblich (etwa Fabric Care). Aber die Produkte scheinen weltweit wichtige Bedürfnisse des täglichen Bedarfs überlegen zu erfüllen, sie werden als nützlich gesehen. Dabei hilft natürlich auch die starke und intensive Markenkommunikation, die auch immerhin ca. 10 Mrd. USD pro Jahr kostet.
All dies illustriert die Überlegenheit der Unternehmensstrategie, hochwertige, nützliche Produkte des täglichen Bedarfs zu liefern mit solider retail execution und zielgerichteter Markenkommunikation. Und der Fokus auf ein konzentriertes Portfolio weltmarktführender Marken, die einen niedrigen Kapitaleinsatz erfordern, hohe Preissetzungsmacht haben und hohe Skaleneffekte erzielen, zahlt sich gerade jetzt im inflationären Kostenumfeld aus.
Was für uns ebenso beeindruckend ist: die enorme Anpassungsfähigkeit von P&G (und von SÄMTLICHEN Depotfirmen). Seit ca. einem Jahr geht es nicht nur um massiv steigende Material-/Logistikkosten, es geht viel mehr noch um einen erheblichen MANGEL an Vorprodukten und das STÄNDIG wechselnd. Wie unsere Portfoliofirmen auf diese Herausforderungen reagieren, haben wir am Beispiel von Church & Dwight in unserem letzten Investorenbrief aufgezeigt. Erstklassige, gut geführte Unternehmen bewältigen diese Herausforderungen operativ sehr gut.
Auch Nestlé, als ein weiteres Beispiel, dokumentiert seine Marktdominanz mit sehr starken Umsatzzahlen (+7,6% organisches Umsatzwachstum trotz sehr hoher Vergleichsbasis; davon Preiserhöhungen +5,2%, Absatz +2,4%). Und trotz anhaltend hoher Knappheit und hoher Kosteninflation bei Vorprodukten/Logistik bestätigt Nestlé die Geschäftsjahres-Erwartung für die operative Marge von 17% bis 17,5% und kündigt weitere Preiserhöhungen an. Auf die letzten zwölf Monate bezogen hat Nestlé seine Preise kumuliert um 12,1% erhöht. Das nennt man Preissetzungsmacht! Auch unser Portfoliounternehmen L’Oréal lieferte im abgelaufenen Quartal ein sehr starkes organisches Umsatzwachstum (+13,5%) und bleibt trotz stark steigenden Kosten für Vorprodukte/Logistik laut CEO Hieronimus bei der Geschäftsjahres-Erwartung für „steigenden Gewinn“.
Die erwähnten Corona-Quarantänen, die Lockdowns usw. beeinträchtigen aktuell die bottom line massiv. Kleinere Akteure und – im Vergleich zu unseren Consumer Staples – wettbewerbsunterlegene Volumenmarken-Hersteller wie z. B. Kimberly-Clark rutschen sogar net working capital-bedingt in die roten Zahlen. Auch ist interessant, dass Firmen wie Unilever oder Kraft Heinz (an beiden Firmen sind wir nicht beteiligt) über ein aktuell hohes organisches Umsatzwachstum verfügen, das Wachstum jedoch preisgetrieben ist, während der Absatz leicht gesunken ist. Beide Firmen, die als Beispiele fungieren sollen, scheinen – neben dem Problem der Güterknappheit bei Vorprodukten – mit ihren tendenziell volumenmarkenlastigen Markenportfolios die Preisschraube etwas überdreht zu haben; hingegen ist der Absatz bei den Consumer-Staples-Portfoliofirmen wie z. B. Nestlé, Procter & Gamble und L‘Oréal trotz starker und wiederholter Preiserhöhungen gestiegen. Die Preissetzungsmacht ist nun einmal unterschiedlich hoch. Je höher der Anteil von Premiummarken ist, umso robuster ist die Preissetzungsmacht.
Folgend noch einige Sätze zum abermals herausragenden Quartal unseres Portfoliounternehmens Danaher. Der amerikanische Mischkonzern weist im abgelaufenen Quartal ein organisches Umsatzwachstum von 12% auf. Das liegt nicht nur weit über der Konsens-Erwartung, sondern ist auch tatsächlich herausragend, weil die Vergleichsbasis im Jahresvergleich (damals 30% oW) sehr hoch ist. Dieses Wachstum noch einmal um 12% zu steigern, ist eine hervorragende Leistung. In allen drei Geschäftsbereichen [Life Sciences (Produkte für die medizinische und pharmazeutische Forschung und Entwicklung auf zellularer Ebene), Diagnostik (z. B. Molekulardiagnose-Soft- und Hardware) sowie Environment & Applied Solutions (u. a. Wasserfiltration-/Qualitätsprüfung und Produkt-Tracking)] ist Danaher im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich gewachsen und hat seine Marktanteile in den meisten Produktkategorien sowie auf allen größeren Absatzmärkten weiter ausgebaut.
Die bottom line ist zuverlässig brillant mit 22,4% Free Cash Flow-Marge (net working capital-bereinigt 27,6%), die Rohmarge gibt lediglich 80 bps auf 61,2% ab und das trotz ganz erheblich teurerer Vorprodukte. Volumen-Produktions-Skaleneffekte und laufende Effizienzmaßnahmen des Danaher Business Systems haben den Rückgang begrenzt.
Für das Anfang April gestartete Q2 erwartet Danaher wegen der China-Lockdowns ein leicht gebremstes organisches Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich (die Lockdowns kosten 200 bis 300 bps oW). Für das Geschäftsjahr bleibt Danaher jedoch bei der Erwartung eines organischen Umsatzwachstums im hohen einstelligen Bereich.
Danaher ist und bleibt eine äußerst profitable und mit seinem kaizen-beeinflussten Danaher Business System eine sehr effiziente Firma.
Was gibt es Neues zu unseren robusten Technologiefirmen, deren Produkte von Verbrauchern und Unternehmen stabil nachgefragt werden und deren Margen dauerhaft hoch sind, zu berichten? Unsere großen Portfoliopositionen Apple, Alphabet, Visa und Microsoft überzeugen auch im abgelaufenen Quartal mit einem herausragendem Zahlenwerk, starkem Umsatzwachstum und mit – wie fast immer – extrem hohen Margen. Alle Firmen verdienen mehr und mehr und tun weiterhin sehr viel dafür, um noch schneller und profitabler zu wachsen. Anhand unseres Portfoliounternehmens Microsoft haben wir dies detaillierter veranschaulicht. Zum viel diskutierten Thema Zinsreagibilität von Tech-Firmen möchte ich auf unseren Standpunkt aus unserem Februar-Investorenbrief verweisen. Nur so viel an dieser Stelle: Häufig wird in der Börsenpresse auf die steigenden Zinsen verwiesen und dass deshalb der Fair Value nach Discounted Cash Flow-Methode (DCF) niedriger sein müsse (als bei sehr niedrigen bzw. niedrigeren Zinsen). Das ist richtig. Insbesondere für (Tech-)Firmen, die kein tragfähiges und profitables Geschäftsmodell besitzen und deren in der Theorie möglichen großen Gewinne oft erst in sehr vielen Jahren in der Zukunft erwartet werden (also extrem hoch bewertet sind), haben kleinere Zinsänderungen erhebliche Auswirkungen auf den Fair Value. Kapitalintensive Firmen mit niedrigen Margen und hoher Verschuldung, deren Finanzierungskosten nun steigen, und deren unternehmerischer Gewinn nur langsam wächst, werden ebenfalls einen deutlichen niedrigeren Fair Value nach DCF aufweisen als aktuell. Richtig ist aber auch, dass steigende Zinsen bei einer Verdoppelung des unternehmerischen Gewinns etwa alle vier Jahre eine untergeordnete Rolle für den Fair Value spielen. Genau das schaffen oben erwähnte Ausnahmeunternehmen.
Kurz und knapp / Conclusio: Firmen mit hoher Energie- und Rohstoffabhängigkeit sowie hohem Kapitalbedarf, deren Margen ohnehin schon in der Regel gering sind, verzeichnen einen deutlichen Margenrückgang. Die nächsten Quartale werden vermutlich ein noch deutlicheres (schlechteres) Bild zeichnen. Auch bei etlichen Firmen unseres Portfolios, die physische Güter herstellen, geraten die (hohen) Margen angesichts der gewaltigen und historisch beispiellosen Kostenexplosion unter Druck. Jedoch können unsere wettbewerbsüberlegenen Firmen den Margendruck zumindest begrenzen oder gar kompensieren. Trotz der enormen Anpassungsfähigkeit unserer produzierenden Portfoliounternehmen, der hohen Preissetzungsmacht und des stetig verbesserten Preis/Mix sowie der Effizienzgewinne besteht für die vermutlich nächsten Quartale operativ kein Anlass zu Optimismus. Im Gegenteil: Der Wind ist rau, sehr rau. Aber vor allem die Lieferkettenproblematik und somit die Margenbremse ist temporär. Die Dauer können wir selbstverständlich nicht vorhersehen. Aber die Lieferkettenstörung wird irgendwann oder alsbald vorübergehen / sich abschwächen, während bei unseren Firmen die Skaleneffekte aus Anpassungen und die höhere Effizienz bleiben. Bis dahin können wir auf die Resilienz und die den Margendruck begrenzende Preissetzungsmacht unserer produzierenden Portfoliofirmen setzen. Wie immer, bei Gegenwind oder gar Sturm, auch durch eine mögliche Rezession bedingt, sitzen wir gerne geschützt hinter einer Mauer. Und Firmen wie z. B. Danaher oder unsere Consumer Techs wachsen und wachsen und das bei angemessenen, teils sogar günstigen Bewertungen.
Und der Inflationsschutz? Die langfristige Entwicklung des unternehmerischen Gewinns, Free Cash Flow, bestimmt die langfristige Entwicklung des Unternehmenswertes. Durch die Steigerung des Unternehmenswertes steigt langfristig, eine angemessene Bewertung vorausgesetzt, auch der Aktienkurs. So entsteht – neben der erhöhten Dividende – langfristiger Inflationsschutz. Und der erwähnte unternehmerische Gewinn und dessen Wachstum wird wesentlich von der geringen Kapitalintensität und hohen Skaleneffekten des Geschäftsmodells, einer überschaubaren Wettbewerbsintensität, tiefen „Burggräben“ des Geschäftsmodells bedingt durch beständige und hohe Innovationskraft, starke Marken, Patente usw., kurzum, Preissetzungsmacht, positiv bestimmt. Genau das bringen unsere Portfoliounternehmen mit.