Unternehmen mit dem Tüpfelchen auf dem i und warum wir nicht in Coca-Cola investieren

27. Juni 2023
Unternehmen mit dem Tüpfelchen auf dem i und warum wir nicht in Coca-Cola investieren

„Warum sind Sie denn nicht bei Coca-Cola investiert? Die Firma würde doch so gut zum Unternehmerfonds passen.“

Solche und ähnliche Fragen bekommen wir in unseren Gesprächen mit Investoren und Interessenten durchaus häufiger gestellt. Bisweilen blicken wir dann in erstaunte Gesichter, wenn wir erklären, warum wir an einer vermeintlichen Top-Firma nicht beteiligt sind. Diese Erfahrungen wollen wir im vorliegenden Investorenbrief zum Anlass nehmen, um anhand des konkreten Beispiels Coca-Cola zu erläutern, weshalb wir hier nicht engagiert sind, wenngleich sich die Aktie im Portfolio so mancher Investoren befinden dürfte, die ebenfalls auf „Qualität“ setzen. Im Lager der qualitätsorientierten Investoren gibt es also offenkundig unterschiedliche Ansichten, was unter einem Qualitätsunternehmen zu verstehen ist. Wie Sie wissen, stellen wir als unternehmerisch denkende Langfristinvestoren hohe Anforderungen an die Qualität unserer Portfoliounternehmen. „Qualität statt Mittelmaß“ lautet bekanntlich eine unserer Devisen.

Als langfristige Mitinvestoren wollen wir uns an „Unternehmen mit dem Tüpfelchen auf dem i“ beteiligen. In unserer Definition zeichnen sich Qualitätsunternehmen durch die – idealerweise –mehrfach unter Beweis gestellte Fähigkeit aus, eine beständig hohe Kapitalverzinsung zu erwirtschaften, auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Phasen wie zum Beispiel einer Rezession. Eine verlässlich hohe Kapitalrendite (RoCe = Return on Capital employed) über mehrere Konjunkturzyklen hinweg ist aus unserer Sicht das ultimative Gütesiegel echter Qualitätsunternehmen.

Nur ganz wenige Weltklassefirmen wie z. B. unsere Portfoliounternehmen Apple, Alphabet, Microsoft und Adobe oder Procter & Gamble, Beiersdorf, Colgate-Palmolive und Nestlé werden diesem anspruchsvollen Qualitätsmaßstab gerecht. Das Gros der Firmen auf dem weltweiten Kurszettel ist aus unserer Sicht unter Qualitätsgesichtspunkten jedoch eher als Mittelmaß einzustufen, ganz zu schweigen von den zahlreichen No-Go-Firmen und -Branchen, die wir nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würden, wie das z. B. bei kapitalintensiven Firmen mit chronisch schwachen Margen und begrenzten Skaleneffekten bei hoher Wettbewerbsintensität der Fall ist (z. B. Automobilhersteller und -zulieferer, Maschinenbauer, Basischemiefirmen). Auch Geschäftsmodelle mit hohem Fremdkapitaleinsatz und intransparenten Risiken wie beispielsweise bei Banken und Versicherungen sind für uns No-Gos.

Daneben gibt es aber auch noch zahlreiche Unternehmen, deren Geschäftsmodell zwar über ein hohes Maß an Qualität und Resilienz verfügt, das jedoch – gemessen an unseren Ansprüchen – nicht ausreicht, um sich für den Unternehmerfonds zu qualifizieren beziehungsweise ein bestehendes Portfoliounternehmen zu verdrängen. Ein besonders schwer zu verdrängendes Portfoliounternehmen ist der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé.

Top-Unternehmen bewältigen Krisen nicht, sie meistern sie

In unserem letzten Investorenbrief sind wir unter anderem auf die jüngsten Geschäftszahlen von Nestlé eingegangen. Wie üblich hatten die Finanzanalysten wieder mit Hingabe nach dem obligatorischen Haar in der Suppe gesucht. Manche meinen, tatsächlich eines gefunden zu haben. Doch aus unserer Sicht als langjährige und langfristige Miteigentümer war das Zahlenwerk erneut sehr beeindruckend und bestätigte unsere Investmentthesen zum Geschäftsmodell aufs Neue. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir auf unsere Ausführungen im letzten Investorenbrief vom Mai 2023.

Weshalb wir das Beispiel Nestlé im vorliegenden Investorenbrief dennoch erneut aufgreifen, hängt mit der Ausnahmestellung zusammen, die der Nahrungsmittelmulti aus der Schweiz seit vielen Jahren unter den Consumer Staples-Firmen genießt und die Nestlé zuletzt in der (Kosten-)Inflationskrise eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. So ist es Nestlé in diesem extrem anspruchsvollen Umfeld gelungen, Preismacht in Perfektion zu demonstrieren und seine Preiserhöhungen so auszutarieren, dass Einbußen beim Absatz vermieden werden konnten. Auch in den Jahren vor der Corona-Pandemie, als Preiserhöhungen im Allgemeinen nicht ohne Weiteres durchsetzbar waren, hatte es Nestlé geschafft, seinen Umsatz Jahr für Jahr organisch deutlich zu steigern, vor allem über einen höheren Absatz. Hier zahlte sich die konsequente Strategie der Premiumisierung des Produktportfolios unter dem seit 2017 amtierenden CEO Schneider aus, der mit seinem ebenso aktiven wie umsichtigen Portfoliomanagement das Geschäft stärker auf schneller wachsende und profitablere Produktkategorien wie z.B. das Geschäft mit Tiernahrung (Purina), Kaffee (Nespresso, Starbucks) oder Vitamine/Nahrungsergänzungsmittel ausrichtet.

Demgegenüber haben viele andere Consumer Staples wie z.B. Unilever, Danone, General Mills oder Mondelez aufgrund von zu wenig Veränderungswilligkeit und/oder zu wenig Veränderungsfähigkeit mit strukturellen Wachstumsproblemen zu kämpfen. Die Volumenartikel dieser Firmen, die einen relativ hohen Anteil am Sortiment ausmachen, wurden während der Corona-Pandemie zwar stark nachgefragt, was die Defizite im Produktportfolio aber nur vorübergehend kaschieren konnte. Nachdem sich der “Corona-Schleier” nun wieder gelüftet hat, treten die alten Probleme erneut zu Tage. Das Produktportfolio wird weiter stark von Volumenmarken geprägt, während Premiumprodukte mit der nötigen Preismacht unterrepräsentiert sind. Es fehlt ein sinnvolles aktives Portfoliomanagement der Unternehmen, um durch den Verkauf von wachstumsschwachen Geschäften einerseits und die Investition in attraktive Wachstumsmärkte andererseits an diesem Zustand etwas zu ändern.

Bei Nestlé läuft das überlegene Produktportfolio mit seinen attraktiven Topmarken dagegen in allen Phasen verlässlich gut und wird konsequent hin zu höherwertigen Produktkategorien weiterentwickelt (z. B. Gesundheit). In unseren Augen gilt Nestlé daher zurecht als der Goldstandard unter den Consumer Staples-Firmen.

Allen Krisen zum Trotz: 1.000% in 20 Jahren

Diese brillante operative Performance, die Nestlé seit Jahren unter Beweis stellt, ist unter langfristigen Aspekten der entscheidende Taktgeber für die Performance der Aktie. Denn generell gilt: Der Free Cash Flow, also der echte unternehmerische Gewinn, bestimmt langfristig die Entwicklung des Unternehmenswertes und somit nachgelagert dann ebenfalls den Aktienkurs eines Unternehmens. Doch dieser Kausalzusammenhang gilt eben nur auf lange Sicht, also über Zeiträume von mehreren Jahren und Jahrzehnten. Kurzfristig wird er überlagert durch die Emotionen von Anlegern, die der täglichen Nachrichtenflut oftmals mehr Bedeutung beimessen als auf die langfristigen Ertragsaussichten erstklassiger Qualitätsunternehmen zu vertrauen. Oder wie es Benjamin Graham einmal sagte: „In the short run, the market is a voting machine, but in the long run, it is a weighing machine.“ Es ist somit die operative Performance eines Unternehmens, der langfristig auch die Performance der Aktie folgt. Am Beispiel von Nestlé lässt sich sehr anschaulich nachvollziehen, dass sich mit qualitativ hochwertigen „Langweiler“-Unternehmen, die verlässlich und hochprofitabel wachsen, an der Börse langfristig weitaus mehr Geld verdienen lässt als mit „spannenden Stories“ oder „heißen Tipps“, und dies bei einem sehr deutlich geringeren Investitionsrisiko. So konnte die Aktie von Nestlé allein in den letzten zehn Jahren eine Wertsteigerung von 190% oder 11,2% p.a. erzielen. Besonders geduldige Investoren wurden mit Nestlé im Portfolio in den letzten 20 Jahren sogar mit einer kumulierten Rendite von über 1.000% reichlich belohnt. Das entspricht einer durchschnittlichen Wertsteigerung von 12,9% pro Jahr.

Was lernen wir daraus? Nestlé als Paradebeispiel eines „Langweiler”-Unternehmens unterstreicht sehr eindrucksvoll, dass es keine sinnvollere, substanziell sicherere und zugleich lukrativere Investitionsmöglichkeit gibt, als sich langfristig an Firmen mit herausragenden, krisenfesten und profitablen Geschäftsmodellen zu beteiligen, die verlässlich und stark wachsen, auch in allgemein schwierigen konjunkturellen Zeiten wie einer Rezession. Zugleich schützt eine langfristige und auf Qualität ausgerichtete Investmentstrategie davor, sich vom kurzfristigen Kursgeplänkel oder den neuesten „Breaking News” verrückt machen zu lassen, eine fortlaufende „aktive Kontrolle“ der Investmentthesen zum Geschäftsmodell vorausgesetzt. Natürlich darf auch die Bewertung nicht aus dem Ruder laufen. Unsere Beteiligungen an Qualitätsunternehmen halten wir generell am liebsten viele Jahre und Jahrzehnte. Wenn jedoch der säkulare Gewinntrend bricht, sich die geschäftlichen Erwartungen nur teilweise erfüllt haben oder der Preis deutlich über dem Wert liegt, verkaufen wir auch, um das freiwerdende Kapital im Anschluss in wertigere Firmen zu investieren.

Gut, aber nicht gut genug: Coca-Cola

Kommen wir nun zu Coca-Cola. Für viele Investoren gilt der Hersteller des Kultgetränks als klares Qualitätsunternehmen. Als Begründung wird in der Regel auf die lange Unternehmenshistorie, die unverzichtbaren Produkte des täglichen Bedarfs, die starke Marke oder die bemerkenswerte Serie ununterbrochener Dividendenzahlungen und -erhöhungen verwiesen. Und schließlich ist ja auch Warren Buffett mit Berkshire Hathaway seit Jahrzehnten bei Coca-Cola investiert. So manchem Buffett-Follower mag allein diese Tatsache genügen, um sich bei einem Unternehmen zu engagieren. Unseren Ansprüchen an eine fundierte und unternehmerische Geschäftsmodell-, Bilanz- und Bewertungsanalyse wird diese Vorgehensweise jedoch nicht gerecht.

Die Pro-Argumente sind zwar allesamt valide Aspekte, doch bleiben sie uns zu oberflächlich. Ohne Zweifel ist Coca-Cola eine Marken-Ikone par excellence, auch wenn Marken wie Apple oder Google dem Brausehersteller aus Atlanta schon länger den Rang abgelaufen haben. Auf unserem bekannten Produktbild würde sich die ikonische Flasche Coca-Cola neben all den vielen anderen Top-Marken wie Lindt & Sprüngli, NIVEA, L’Oréal oder Gillette ebenfalls hervorragend einfügen. Ob Coca-Cola aber auch aus unternehmerischer Sicht gut genug ist, um eines unserer bestehenden Portfoliounternehmen zu verdrängen, wollen wir im Folgenden mit einem genaueren Blick auf das Geschäftsmodell mit seinen Stärken und Schwächen analysieren.

Der legendäre Getränkehersteller Coca-Cola, offiziell The Coca-Cola Company, besitzt und vermarktet fünf der sechs weltweit führenden Marken für alkoholfreie Erfrischungsgetränke mit Kohlensäure: Coca-Cola, Sprite, Fanta, Coca-Cola Zero Sugar und Diet Coke/Coca-Cola Light. Seine Markengetränke bietet Coca-Cola auf der ganzen Welt über ein Netzwerk unabhängiger Abfüllpartner, Vertriebsunternehmen, Großhändler und Einzelhändler sowie über seine konsolidierten Abfüll- und Vertriebsaktivitäten an. Über dieses weitverzweigte Vertriebsnetzwerk verkauft Coca-Cola seine Getränke in über 200 Ländern und Regionen der Erde. Diese Reichweite verschafft dem Unternehmen einen enormen Wettbewerbsvorteil. Die starke Marke und das globale Vertriebsnetzwerk sind mit die wichtigsten Gründe für die massiven Burgmauern des Unternehmens.

Coca-Cola produziert und vermarktet seine Produkte in zwei Varianten:

  1. als fertige Getränkeprodukte, die von Coca-Cola selbst in Flaschen, Dosen und andere Behälter abgefüllt werden und die von den Verbrauchern direkt konsumiert werden können (Fertigproduktgeschäft).
  2. als Getränkekonzentrat, das anschließend an Abfüllbetriebe als Franchisenehmer verkauft wird (Konzentratgeschäft). Die Abfüller/Franchisenehmer kombinieren die Konzentrate oder Sirupe mit stillem oder kohlensäurehaltigem Wasser und Süßungsmitteln (je nach Produkt), um die fertigen Getränke herzustellen. Diese werden dann in zugelassene Behältnisse wie Glas- und Kunststoffflaschen oder Dosen verpackt und direkt an Einzelhändler oder über Großhändler oder andere Abfüller verkauft.

Mit den Fertigprodukten erzielt Coca-Cola zwar einen höheren Umsatz, die Bruttomargen sind jedoch deutlich niedriger als beim Konzentratgeschäft. Die Geschäftsaktivitäten sind in sechs operative Segmente eingeteilt. In den vier geographischen Segmenten Europa/Mittlerer Osten/Afrika, Nordamerika, Lateinamerika und Asien/Pazifik wird das Geschäft – von Ausnahmen abgesehen – als Konzentratgeschäft mit verschiedenen Franchisenehmern betrieben. Diese investieren auf eigene Rechnung in Anlagen und Maschinen, die sie für die Umwandlung der Konzentrate in Fertigprodukte sowie den Vertrieb benötigen. Der Geschäftsbereich Bottling Investments umfasst die konsolidierten Abfüllaktivitäten, unabhängig vom geografischen Sitz des Abfüllers. Der Großteil der Umsatzerlöse wird dabei als Fertigproduktgeschäft mit selbst abgefüllten und in Eigenregie vertriebenen Getränken erzielt. Der Geschäftsbereich Global Ventures umfasst das Geschäft der 2019 übernommenen Kaffeemarke Costa, zu der neben abgefüllten Kaffeegetränken auch die gleichnamige Kaffeehauskette gehört. Das Geschäft mit Smoothies (Marke innocent) sowie die türkische Teemarke Doğadan sind ebenso Bestandteil von Global Ventures wie das Lizenzgeschäft zum Vertrieb der Produkte von Monster Beverage.

Enorme Resilienz des Geschäftsmodells

Unseres Erachtens verfügt das Geschäftsmodell von Coca-Cola über anerkannte und in Krisenzeiten immer wieder unter Beweis gestellte Stärken und Qualitäten. Dazu zählen wir insbesondere das Angebot von unverzichtbaren Gütern des alltäglichen Bedarfs, die fantastische Premiummarke und das weitverzweigte globale Vertriebsnetzwerk ohne echte White Spots.

In der jüngeren Vergangenheit gab es mehr als genug Gelegenheiten für Unternehmen, die Stärke ihrer „Burgmauern“, sprich die Qualität und Resilienz ihres Geschäftsmodells zu dokumentieren, denn arm an Krisen waren die letzten Jahre sicherlich nicht. Eine besondere Bewährungsprobe unter den multiplen Krisen war die Corona-Pandemie mit den verhängten Lock- und Shutdowns. In dieser Phase stellte Coca-Cola die Resilienz seines Geschäftsmodells eindrucksvoll unter Beweis. So brach der Umsatz im zweiten Quartal 2020 mit einem organischen „Wachstum“ von -26% zwar massiv ein, vor allem weil gewerbliche Kunden wie Restaurants, Cafés und Hotels, die rund 50% des Konzernumsatzes ausmachen, schließen mussten. So etwas gab es bei Coca-Cola noch nie. Aber dennoch gelang es dem Unternehmen, auch in dieser schweren Krise mit einer Free Cash Flow-Marge von 28,5% sehr gutes Geld zu verdienen. Auf das Gesamtjahr 2020 gesehen konnte der organische Umsatzrückgang zudem auf „nur“ 9% eingegrenzt werden. Das ist eine sensationelle Leistung, die nur robusten Gewinnmaschinen gelingt! Für die Profitabilität von kapitalintensiven Firmen mit schwachen Margen und hoher Verschuldung wäre es ein totales Desaster gewesen – eine Insolvenz nicht ausgeschlossen, wenn der Umsatz so drastisch wegbricht.

Gestiegene Verschuldung – für uns ein Dorn im Auge

Doch gerade angesichts dieser beeindruckenden Resilienz des Geschäftsmodells, die Coca-Cola während der Corona-Pandemie unter Beweis gestellt hat, bedauern wir, dass sich die Firma seit Jahren völlig unnötig verschuldet hat, um den Rückkauf eigener Aktien zu finanzieren.

Für diese von Investmentbanken typischerweise als „Optimierung der Kapitalstruktur“ propagierte Finanzakrobatik war leider auch das Management von Coca-Cola empfänglich. Mit einer Nettoverschuldung von rund 4x Free Cash Flow ist Coca-Cola heute deshalb unnötigerweise stärker verschuldet als es eigentlich sein müsste. Das hat unmittelbar negative Auswirkungen auf das Potenzial zur Cash Flow-Generierung, denn infolge der „überflüssigen“ Schuldenexplosion steigen naturgemäß die Zins- und Tilgungslasten.

Außerdem wird dadurch die Flexibilität für Wachstumsinitiativen, Produktinnovationen und die Weiterentwicklung des operativen Geschäfts beeinträchtigt. Aus unternehmerischer Sicht ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen, denn Coca-Cola agiert in einem durchaus kompetitiven Wettbewerbsumfeld. Druck kommt nicht nur durch Rivalen wie PepsiCo, sondern insbesondere durch das schnell wachsende Marktsegment der Energy Drinks mit Anbietern wie z.B. Monster Beverage oder Red Bull, denen Coca-Cola in der Vergangenheit kaum Paroli bieten konnte. Nach der Devise „If you can`t beat them, join them“ (Song der Band Queen) beteiligte sich Coca-Cola 2015 mit 16,7% an Monster Beverage und vertreibt seitdem die Getränke von Monster über seine globalen Vertriebskanäle. Auf diese Weise profitiert Coca-Cola zumindest indirekt vom dynamischen Wachstum bei Energy Drinks, ohne sich jedoch den damit verbundenen Geschäftsrisiken auszusetzen (z.B. veränderte Geschmackspräferenzen, mögliche Nebenwirkungen und Gesundheitsrisiken, etc.). Coca-Colas eigene Ambitionen bei Energiegetränken scheiterten dagegen sang- und klanglos. So wurde die im Mai 2019 auf den Markt gebrachte Energiebrause Coca-Cola Energy bereits zwei Jahre später wieder aus dem Sortiment genommen. Es will schon etwas heißen, wenn es selbst einem Getränkegiganten wie Coca-Cola mit seiner Markenstärke, seiner Vertriebspower und dem nötigen Marketingbudget nicht gelingt, in diesem Marktsegment einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Betrachten wir nun noch den aktuellen Geschäftsverlauf. Für das zurückliegende Geschäftsjahr 2022 berichtete Coca-Cola einen starken Datenkranz. Der Umsatz erhöhte sich organisch um beeindruckende 16% (+11% Preis/Mix, +5% Absatz) auf 43 Mrd. US-Dollar. Aus unserer Sicht ist es besonders erfreulich, dass Coca-Cola die unschöne Praxis beendet hat, eigene Aktien auf Pump zurückzukaufen. Anders als in der Vergangenheit setzte Coca-Cola nicht mehr als den – wie fast immer – beeindruckend hohen Free Cashflow von 9,5 Mrd. US-Dollar für Aktienrückkäufe und Dividenden ein. Es wird darauf zu achten sein, ob dies auch in Zukunft so bleibt. Denn aufgrund der schuldenfinanzierten Aktienrückkäufe der Vergangenheit ist uns die Nettoverschuldung des Unternehmens noch immer zu hoch. Der Unternehmenswert (Enterprise Value) ist mit rund 30x Free Cash Flow unseres Erachtens ebenfalls sportlich. Aus unternehmerischer Sicht ist diese ambitionierte Bewertung in Kombination mit der unnötigen Schuldenausweitung ein nicht zu vernachlässigender (Qualitäts-)Malus, so dass wir Coca-Cola derzeit nicht als gut genug erachten, um eines unserer bestehenden Portfoliounternehmen zu verdrängen. Ungeachtet dieser aktuellen Einschätzung werden wir die Geschäftsentwicklung aber natürlich weiterhin engmaschig verfolgen, denn das Potenzial zu einem Unternehmen mit dem Tüpfelchen auf dem i hat Coca-Cola allemal.

Bis es vielleicht eines Tages dazu kommt, halten wir an unseren robusten Portfoliounternehmen fest, die das Tüpfelchen bereits heute auf dem i tragen.

In diesem Sinne, mit herzlichen Grüßen,

 

Dominikus Wagner und Dr. Dirk Schmitt

 

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Glossar:

CCR = Cash Conversion Rate

EK = Eigenkapital

EV = Enterprise Value

1FCF = Free Cash Flow. Das Nachsteuerergebnis ist nicht der Unternehmensgewinn, sondern der freie Barmittelzufluss (Free Cash Flow), da nur der Free Cash Flow Abschreibungen, Betriebskapital (working capital) und Investitionen berücksichtigt. Der wirkliche Unternehmensgewinn, der Free Cash Flow, ist für uns eine maßgebliche Bezugsgröße für die Unternehmensbewertung. 

FY = Financial Year

FYe = expected Financial Year

2nwc = Net working capital. Warum wir uns den um die net-working-capital-Veränderungen bereinigten Free Cash Flow anschauen: Der Lagerwert ist bei allen Herstellern physischer Güter wegen der Lieferkettenprobleme deutlich erhöht. Denn die Hersteller physischer Güter legen sich wegen der gestörten Lieferkette derzeit sämtliche Vorprodukte ins Lager, derer sie habhaft werden können.  Das derzeit hohe im Lager gebundene Cash wird nach dem Bilanzstichtag mit dem Abverkauf der Produkte „befreit“ und sozusagen verspätet als echtes Cash im Cash Flow-Statement gezeigt. Somit ist der net-working-capital-bereinigte Free Cash Flow die validere Kennzahl zur Bewertung der Profitabilität einer Firma unter der Bedingung selbstverständlich, dass die jeweilige Firma nicht auf dem Lager „sitzen bleibt“ oder Lagerabwertungen vornehmen muss.

oW = organisches Umsatzwachstum

Q1, Q2 usw. = Quartal 1, Quartal 2 usw.

3RoCe = Return on Capital employed. Wir legen großen Wert auf eine valide und konservative Struktur der eingesetzten Kennzahlen und berechnen das RoCe daher als Free Cash Flow im Verhältnis zum Eigenkapital plus Nettofinanzschulden bzw. abzgl. Nettofinanzposition plus relevante, langfristige Rückstellungen wie Pensions- und Leasingverpflichtungen.

Stand der Daten: 27.06.2023