Update Procter & Gamble, Kurz-Informationen zu Q1 2022/23:

21. November 2022
Update Procter & Gamble, Kurz-Informationen zu Q1 2022/23:

Procter & Gamble dokumentiert auch im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres 2022/23 seine außergewöhnliche Stärke. Denn obgleich sich die Hersteller physischer Güter, also auch Procter & Gamble et. al., seit rund zweieinhalb Jahren in einem heftigen Sturm befinden mit Corona-Lockdowns, corona-gebremster Lieferkette und entsprechender Inputkosten-Inflation, Explosion der Energiekosten und den Unkenrufen etlicher Analysten zum Trotz, der Konsum werde in Anbetracht hoher Inflationsraten einbrechen, liefert Procter & Gamble Quartal für Quartal robust dynamisches Umsatzwachstum, steckt die enormen Kostensteigerungen und auch den heftigen Gegenwind aus dem starken US-Dollar mit seiner sehr hohen Preissetzungsmacht und stetigen Effizienzsteigerungen weitgehend weg und verdient weiterhin sehr gut.

Einige Details zu Q1 2022 / 23: Das organische Umsatzwachstum (oW) ist um starke +7% auf 20,61 Mrd. USD gestiegen. Ohne den sehr starken US-Dollar (FX -6%!) wäre P&G noch schneller gewachsen, und trotz des enormen FX-Gegenwindes und der nach wie vor enormen Inputkosteninflation aus der Lieferkette sinkt die Rohmarge lediglich um 160 bps. Höheren Kosten aus der Lieferkette / bei der Logistik aus niedrigerem Volumen und aus Währungsverlusten von insgesamt 740 bps stehen 470 bps aus höheren Preisen und 110 bps aus Effizienzsteigerungen entgegen. Dies zeigt, wie dramatisch die Kostensteigerungen sind und wie beeindruckend P&G die höheren Kosten weitgehend kompensiert. Auch die operative Marge (oM) ist um 70 bps zur Vergleichsperiode nur leicht gefallen, weil der Rückgang der oM dank der erneut um 90 bps gesunkenen Vertriebs- und Verwaltungskosten abgefedert wurde – eine wirklich großartige Effizienz, die das Unternehmen an den Tag legt. Zumal man bedenken muss, dass P&G sein hohes Werbebudget strukturell nicht antastet. Mehr als 50% des Werbebudgets ist mittlerweile übrigens digital. Die Effizienz wird laut CFO Schulten zunehmend besser, auch die Effizienzmessung (auch dank Adobe), was ebenso für Promotions gilt.

Unter dem Strich erzielt P&G in Q1 2022 / 23 eine Free Cash Flow-Marge von 16,5%, die im unteren Bereich der Normalbandbreite von 16% bis 22% liegt. Mit Blick auf die aktuellen Krisen ist das sensationell – klar, dabei hilft ganz sicher, dass P&G als Weltmarktführer, der viermal größer ist als der größte Wettbewerber, ganz erhebliche Skaleneffekte hat und zudem der hohe Umsatzanteil bei den Premiummarken selbst bei starken Preiserhöhungen bestehen bleibt.

Beim ausschließlich preis-/mixgetriebenen organischem Umsatzwachstum (oW) hat man zunächst den Eindruck, als ob die Nachfrageelastizität etwas zunimmt – aber der zweite Blick offenbart, dass der leichte Absatzrückgang erstens bei Kategorien ist, die der Konsument eher mit Volumenprodukten ersetzt (etwa Bounty-Papierküchentücher), und zweitens bei Wasch-/Reinigungsmitteln nach besonders starker Preiserhöhung. Wobei es erstaunlich ist, dass der Absatzrückgang bei Wasch-/Reinigungsmitteln trotz 11% höherer Preise nur um 4% ausfällt und sogar der Mix dieser Produktkategorien sich um 1% verbessert hat. Letzteres dürfte wohl an den Premiummarken Tide/Ariel/Lenor gelegen haben. Der Hauptgrund für den leichten Absatzrückgang ist aber vor allem der Wegfall des Russland-Geschäfts (laut CEO Moeller für mehr als zwei Drittel des Rückgangs verantwortlich) und daneben die Lockdowns in einigen Städten Chinas. Dort, wo es keine Lockdowns gibt, ist die Nachfrage auch in China hoch. Auch der Rückgang bei den erwähnten Papier-Küchentüchern spielt eine Rolle, weil Konsumenten auf günstigere Produkte umsteigen (Volumengeschäft bei Fabric Care). Jon Moeller weist allerdings darauf hin, dass der Trend im Volumengeschäft von Fabric Care im Quartalsverlauf wieder nach oben gedreht sei. Man gewinne Marktanteile, da private Labels nicht nachhaltig erfolgreich seien. Beliebt seien gerade im Volumengeschäft größere Verpackungen, die den Preis pro Nutzungseinheit senken und die P&G zügig auf den Markt gebracht hat. Im großen Premiumgeschäft sieht P&G keine Konsumzurückhaltung. Im Gegenteil: Der Absatz aller Premium-Marken wächst nach wie vor robust, auch derjenigen mit starken Preiserhöhungen. Eine Erhöhung der Preiselastizität der Nachfrage beobachtet P&G nicht.

Wichtiger Wachstumstreiber war in Q1 Personal Health Care (hohes zweistelliges oW) wegen einer bisher offenbar stärkeren Grippesaison (Wick, Nasivin etc.; Wick hat mehr als 30% zugelegt); der Absatzanstieg hebt natürlich auch den Konzern-Mix, da die Produkte teuer sind. Auch die Premium-Marken von Oral Care mit Oral-B und Crest legen hoch einstellig zu, genauso Fabric Care (Wasch-/Reinigungsmittel, siehe oben) und Home Care mit Fairy, wohingegen Febreze und Meister Propper diesmal softer ausfallen. Feminine Care wächst erneut im niedrigen doppelstelligen Bereich, wobei die Premium-Produkte von always hier die Treiber sind. Baby Care wächst soft im mittleren einstelligen Bereich, v.a. wegen der Premium-Produkte von Pampers und Family Care.

Alle 5 Konzernbereiche sind gewachsen. Ebenso alle 10 Produktkategorien. In den meisten Produktkategorien wurden weitere Marktanteile gewonnen (Ausnahme: Hair Care trotz ordentlichem mittlerem einstelligen oW). Skin Care ist wegen softerem Absatz der Premium-Marke SK II in China (Lockdowns in mehreren Millionen-Städten) leicht geschrumpft, während Grooming mit Gillette (vor allem Venus, die Frauen-Marke) und Braun unverändert solide im mittleren einstelligen Bereich organisch wachsen. Auch alle Absatzregionen haben zugelegt, Treiber sind Asien und der größte Markt, die USA (rund 41% Umsatzanteil).

CEO Moeller merkte im Call an, dass sich die Verfügbarkeit von Vorprodukten/Materialien Schritt für Schritt verbessere. Als Beispiele für merklich noch stärkere Knappheit nannte Moeller Vorprodukte für Frauen-Hygiene sowie für Personal Health Care. Die Kosteninflation bei Vorprodukten ist nach wie vor hoch, es gibt bisher keine merkliche Entspannung. Im Logistik-Bereich dagegen sinken die Kosten wieder, weshalb P&G für das Geschäftsjahr mit 200 Mio. USD Logistik-Mehrkosten statt 300 Mio. USD rechnet – was aber letztlich keine Entlastung bringt, denn der starke USD verursacht gegenüber der ursprünglichen Guidance für das Geschäftsjahr 400 Mio. USD höhere Kosten. Trotz dieses Gegenwindes:

Procter & Gamble dominiert den Markt. Die Überlegenheit der Unternehmensstrategie, hochwertige, nützliche Produkte des täglichen Bedarfs zu liefern mit solider retail execution und einer zielgerichteten und effizienten Markenkommunikation, der Fokus auf ein konzentriertes Portfolio weltmarktführender Marken, die einen niedrigen Kapitaleinsatz erfordern, hohe Preissetzungsmacht haben und hohe Skaleneffekte erzielen, zahlt sich aus. Insbesondere aktuell im inflationären Kostenumfeld. Die enormen Kostensteigerungen und auch den heftigen Gegenwind aus dem starken US-Dollar steckt Procter & Gamble mit seiner erwähnten, sehr hohen Preissetzungsmacht und stetigen Effizienzsteigerungen weitgehend weg und verdient weiterhin sehr gut.

Weitere Informationen zur Resilienz des Geschäftsmodells und zur unverändert starken Bilanz und weitgehend unveränderten Bewertung lesen Sie hier.

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Glossar:

FX = Foreign Exchange (Wechselkurseffekte)

oM = operative Marge

oW = organisches Umsatzwachstum

Q1, Q2 usw. = Quartal 1, Quartal 2 usw.

Stand der Daten: 19.10.2022