Während die Wettbewerber Geld verbrennen und zwingend auf externe Kapitalgeber angewiesen sind, ist Kapital bei Alphabet kein limitierender Faktor für die Realisierung sinnvoller Projekte und Investitionen. Ein Blick in die Bilanz.
• Waymo und andere Zukunftsgeschäfte: technologisch führend, im Aktienkurs aber kaum eingepreist.
• Hohe Cashflows trotz Rekordinvestitionen: Alphabet finanziert seine Zukunft aus eigener Kraft.
Mit Googles Moonshot-Projekten kommen wir zum zweiten Teil unserer Analyse, dem Blick auf die Bewertung. Denn während Tesla an der Börse eine Bewertung in astronomischen Sphären zugebilligt wird, ist der Unternehmenswert von Waymo, der perspektivisch mit dem hohen Wachstum von Waymo weiter dynamisch zulegen dürfte, trotz des technologischen Vorsprungs im Unternehmenswert von Google überhaupt nicht eingepreist. Im Folgenden wollen wir uns deshalb die Bilanz und Bewertung von Alphabet genauer ansehen.
Die Zahlen zeigen ein weltweit einzigartiges Unternehmen
Im vergangenen Geschäftsjahr steigerte Alphabet den Umsatz organisch um 15 % auf 350 Mrd. US-Dollar. Trotz extrem hoher F&E-Aufwendungen und Investitionen in die KI-Infrastruktur (zusammen rund 30 % vom Umsatz) erhöhte sich der Free Cash Flow auf 73 Mrd. US-Dollar, bereinigt um Net Working Capital-Effekte waren es sogar fast 80 Mrd. US-Dollar. Dies entspricht einer sehr hohen Free Cash Flow-Marge von 20,8 bzw. 22,8 %. Auf dem weltweiten Kurszettel gibt es nur ganz wenige Firmen, die derart massiv in die technologische Transformation und Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells investieren, nebenbei ihren Burggraben mit Milliardenübernahmen weiter verstärken und dennoch tonnenweise Geld verdienen, so dass sich in der Bilanz immer mehr Cash auftürmt.
Für gute Ideen ist genug Geld vorhanden
Während die Wettbewerber Geld verbrennen und zwingend auf externe Kapitalgeber z.B. in Finanzierungsrunden oder in Form von Partnerschaften angewiesen sind, ist Kapital bei Alphabet kein limitierender Faktor für die Realisierung sinnvoller Projekte und Investitionen. Für gute Ideen ist bei Google immer genügend Geld vorhanden. Trotz massiver Aktienrückkäufe – 2025 sollen es 70 Mrd. US-Dollar sein – glänzt Alphabet mit einer Eigenkapitalquote von über 72 % und einer Nettofinanzposition von fast 100 Mrd. US-Dollar. Auch im ersten Halbjahr 2025 setzte sich das Wachstum mit einem zweistelligen organischen Wachstum von 13 % im zweiten Quartal dynamisch fort. Der Werbeumsatz im Kerngeschäft Search erhöhte sich um 11,8 %. Mit Werbung bei YouTube erzielte Google ein Umsatzwachstum von 12,6 %. Eine immer größere Bedeutung gewinnt dabei die steigende Zahl an YouTube-Abos, die im Geschäftsbereich "Google subscriptions, platforms, and devices" verbucht werden. Ihre Zahl konnte um 20 % zulegen.
Das Geschäft läuft auf Hochtouren - in allen Bereichen
Hinzu kommt das Google Cloud-Geschäft, das mit 31,5 % in Q2 nicht nur rasant wächst, sondern immer profitabler wird und bereits eine operative Marge von 20 % erzielt, nachdem es erst in Q1 2023 die Gewinnschwelle überschritten hat. In allen Bereichen laufen die Geschäfte von Google somit auf Hochtouren, gleichwohl der Free Cash Flow im zweiten Quartal auf 5 Mrd. US-Dollar zurückgegangen war. Die Gründe dafür sind neben der weiteren Forcierung der Capex-Offensive ein Sondereffekt, denn Google hatte im zweiten Quartal Steuerzahlungen sowohl für Q1 als auch für Q2 geleistet.
Gewaltiges Capex-Prgramm bewältigt
Trotz des gewaltigen Capex-Programms – 2025 werden rund 85 Mrd. US-Dollar investiert, ein Anstieg von 60 % gegenüber 2024 – erwirtschaftet Alphabet für seine Eigentümer Kapitalverzinsungen, von denen andere Firmen nur träumen können. Nach 31 % im Jahr 2024 beträgt die Kapitalverzinsung auf Basis des für 2026 geschätzten Free Cash Flows rund 28 %. Das liegt unter dem geschäftsmodelltypischen Normalniveau der letzten Jahre und ist dem Capex-Zyklus geschuldet, der nach Angaben von Alphabet 2026 nochmals einen Anstieg der Investitionen zur Folge haben wird.
Durch diese Wachstumsinitiativen wird der Free Cash Flow auch in den kommenden Quartalen eingebremst. Aus unternehmerischer Sicht ist das zu verschmerzen, denn damit legt Google das Fundament für einen zukünftig noch höheren Wachstumspfad. Vielmehr wäre es wesentlich „riskanter“, die Chancen der technologischen Revolution durch KI nicht konsequent zu nutzen. Oder wie es Alphabet CEO Pichai sagte: „The risk of underinvesting is dramatically greater than the risk of overinvesting for us here.“
Ist die Bewertung wirklich „ambitioniert“?
Rein optisch mag die Bewertung von Alphabet nach dem jüngsten starken Kursanstieg mit einem Enterprise Value in Höhe des 43-Fachen des für 2026 erwarteten Free Cash Flows ambitioniert wirken. Doch der Eindruck täuscht: Wenn wir als unternehmerisch denkende Investoren die aktuell sehr hohen Investitionen in Infrastruktur und KI berücksichtigen, die den Free Cash Flow nur temporär belasten, relativiert sich die Kennzahl erheblich.
Alphabet finanziert das Wachstum aus eigener Kraft
Zumal Alphabet mit seinem florierenden Brot- und Buttergeschäft Search eine robuste, extrem profitable Ertragsbasis besitzt, um all seine Investitionen aus eigener Kraft zu finanzieren. Unternehmerisch-langfristig betrachtet spiegelt die Bewertung keine Übertreibung wider, sondern die Premium-Qualität des Geschäftsmodells und das erhebliche Wachstumspotenzial, das sich in der Zukunft durch die zunehmende Monetarisierung von KI-Innovationen und früher oder später auch der aktuell defizitären „Other Bets“ noch verstärken dürfte. Alphabet ist für das KI-Zeitalter einzigartig aufgestellt. Mit seinen Sprachmodellen, die zu den besten gehören, den selbst entwickelten Höchstleistungschips fürs Maschinenlernen (sog. TPUs) und seinem globalen Netzwerk an Datenzentren hat Alphabet alles, was es braucht, um bei KI die Nase vorne zu haben. Für uns ist daher klar: Alphabet / Google steht auf der Pole Position, um als einer der ganz großen Gewinner des KI-Zeitalters hervorzugehen.