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Über „Trend-Firmen“, falsches und echtes „Value“ und den langfristigen Anlageerfolg

17.07.2022

Liebe Investoren, sehr geehrte Damen und Herren,

Adjektive wie „günstig“ oder „billig“ werden in Teilen der Wirtschaftspresse – insbesondere nach dem Kursrutsch der vergangenen Monate – gerade bei sogenannten „Value-Titeln“ wie z. B. Autobauern, Fluggesellschaften und Tourismusunternehmen   verwendet.   Und   „aussichtsreich“   und „zukunftsträchtig“ im Zusammenhang mit Ölfirmen und Unternehmen wie z.B. aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, Trend-Branchen wie veganes Essen und der Digitalisierungs- und Technologiebranche. Dabei wird außer Acht gelassen, dass viele der erwähnten und empfohlenen Firmen aus diesen Branchen einen viel zu hohen Kapitaleinsatz, nur geringe Skaleneffekte bei hohem Wettbewerb sowie chronisch geringe Margen und dadurch eine hohe und wachsende Verschuldung aufweisen oder den Nachweis des Unternehmenserfolgs noch schuldig geblieben sind. Deshalb stellen sie langfristig meist kein gutes Investment dar. Leicht nachvollziehbar ist dies auch durch Betrachtung von Langfrist-Charts derartiger Unternehmen.

Unseren Standpunkt zu Autobauern haben wir schon des Öfteren dargelegt, ebenso  zuletzt  zu  Investments  in  Ölfirmen.  In  Verbindung  mit „aussichtsreich“ und „zukunftsträchtig“ werden z. B. die Hersteller von Solar- und Windkraftanlagen genannt, weshalb man dort dann auch investieren müsse. Dabei wird meines Erachtens der typische Fehler gemacht, aus einem vermeintlichen oder tatsächlichen Absatzwachstumspotential auch auf steigende Unternehmenswerte zu schließen. Dabei bestimmt auf Dauer der Unternehmensgewinn den Unternehmenswert. Der Gewinn und dessen Wachstum wird wesentlich von Kapitalintensität und Skaleneffekten des Geschäftsmodells, von Wettbewerbsintensität, „Burggräben“ des Geschäftsmodells wie Preissetzungsmacht, Marken, Patente usw. und von der Bilanzqualität etc. bestimmt.

Und genau das ist das Problem bei z. B. Solar- und Windkraftherstellern:

Es handelt sich um extrem kapitalintensive Firmen, sie haben kaum Skaleneffekte, und sie haben angesichts der hohen Wettbewerbsintensität wenig bis keinerlei Preissetzungsmacht. Deshalb verdienen diese Unternehmen selbst bei besten Bedingungen wenig bis nichts. Nun kommen noch die gestiegenen Lieferkettenkosten hinzu – und schon rutschen die Firmen tief in die roten Zahlen, verbrennen des Öfteren Geld, weshalb die ohnehin schon hohen Schulden weiter steigen.

Beispiel Vestas Q1/2022:

Der weltmarktführende Hersteller von Windkraftanlagen bleibt wie alle seine Wettbewerber (Siemens Gamesa und Nordex) ein – Entschuldigung – Desaster. Denn trotz des üblichen starken Umsatzwachstums um die 27% auf 2,5 Mrd. EUR ist die operative Marge – wie leider nicht selten – negativ. Aufgrund der nun lieferkettenbedingten, höheren Material-/Logistikkosten ist die operative Marge noch stärker gebremst als üblich. So betrug die operative Marge im zweiten Quartal -35% (die übliche Bandbreite mit -5% bis +4% ist auch schwach). Die Free Cash Flow-Marge beträgt sogar -45%, net working capital-bereinigt allerdings -5%. Das heißt, dass das – wie bei allen Herstellern physischer Güter – hohe Lagervolumen und der höhere Cash- Abfluss an Lieferanten den Free Cash Flow zwar ganz erheblich belasten, Vestas verbrennt allerdings auch ohne diese negativen Sondereffekte wie des Öfteren Geld. Und die Finanzschulden des Unternehmens sind im Jahresvergleich um rund 50% gestiegen. Das Geschäft ist schlicht viel zu kapitalintensiv, und das bei hoher Wettbewerbsintensität.

Als ebenso „aussichtsreich“ und „zukunftsträchtig“ wurden und werden Firmen dargestellt, die Trends von Konsumenten bedienen, so z. B. vegane Nahrungsmittel. Hier sind Firmen wie Beyond Meat oder Veganz zu erwähnen. Den ersten Blick werfe ich auf die Kursentwicklung: die Kursperformance der letzten 3 Jahre beträgt bei Beyond Meat ca. -80%, Veganz notiert mittlerweile ca. 75% unter IPO-Preis (IPO am 10. November 2021). Den zweiten Blick auf einige Gründe für die Kursentwicklungen: Beide „Vegan-Firmen“ wachsen langsamer als viele Analysten geweissagt haben und sie verbrennen deutlich mehr Geld als geplant. Erstens ist der Kapitalbedarf für die Herstellung von Lebensmittel höher als viele meinen und Größenvorteile setzen in der Regel erst bei sehr großen Absatzmengen ein. Außerdem haben nur Vielprodukt-Firmen nennenswerte Verbundvorteile.

Wer wie unser Portfoliounternehmen Nestlé als Folge hoher Skaleneffekte und dank der Preissetzungsmacht seiner in allen Vertriebskanälen präsenten global starken Marken sehr gut verdient, kann den Aufbau eines z. B. neuen Vegan-Geschäfts leicht finanzieren und skalieren, weshalb Nestlé mit seinen Vegan-Marken gut wächst (bei uns ist das Garden Gourmet). Und es kostet Nestlé wenig, sein Portfolio an Volumen-Marken wie Wagner und Maggi mit teureren Vegan-Produkten aufzuwerten. Da Nestlé viele für seine Vertriebskanäle attraktive Produkte hat, fällt es ihnen auch leicht, neue Marken in die Vertriebskanäle zu bringen.

Zweitens sind die Markteintrittshürden für Groß-Akteure wie z. B. Aldi oder Wal-Mart mit veganen Eigenmarken minimal, sie lassen bei Lohnherstellern produzieren und drücken ihre Produkte über ihre Filialen in den Markt. Hiermit erreichen sie preissensitive Kunden, während Nestlé mit seinen Premiumprodukten eher Kunden erfolgreich anspricht, die Wert auf Qualität legen.

Beyond Meat und Veganz sind zwei weitere gute Beispiele, die illustrieren, wie wertvernichtend der des Öfteren verbreitete Irrglaube sein kann, dass Unternehmen, die einen Wachstumstrend bedienen, gute Investments sind. Das Börsenparkett ist inzwischen gepflastert mit einst bejubelten, dann aber gescheiterten Trendfirmen z. B. aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, Fintechs, Krypto-Plattformen oder zumindest mit Firmen, die noch nicht bewiesen haben, dass ihr Geschäftsmodell nachhaltig trägt (bei gleichzeitig hohen Bewertungen).

Wie für jedes Unternehmen gelten auch für Trend-Firmen die oben erwähnten ökonomischen Kriterien für den langfristigen Unternehmenserfolg und die damit verbundene, langfristige Kursentwicklung.

Und „günstig“, „billig“ und „Value“?

 Viele Beispiele von Firmen wären hier zu nennen, die derartig bezeichnet werden, es aber nicht sind. TUI und viele andere Reisefirmen sind so ein Bespiel. TUI litt und leidet unter den Erschwernissen der Corona-Pandemie. Aber auch in eingeschwungenem Zustand, den wir noch nicht haben, ist das Geschäft strukturell margenschwach und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals sehr niedrig. Gleichzeitig bremsen die hohen Schulden die Geschäftsentwicklung extrem. Die Bewertung der Firma ist bei unternehmerischer Betrachtung trotz des massiven Kursrückganges immer noch deutlich zu hoch.

Es verwundert, dass bei Firmen wie TUI oder Firmen aus der Industrie 1.0 im Allgemeinen immer wieder von „Value“ und günstigen Bewertungen die Rede ist. Für uns ist das kein „Value“ und „günstig“ sind diese Firmen auch nicht. Unternehmen, die physische Güter herstellen und die jetzt trotz der stark gestiegenen Lieferkettenkosten ihre (hohen) Margen hoch halten oder Ausnahmefirmen wie z. B. Alphabet, Microsoft oder Visa, die Digitalgüter herstellen und gewohnt sowie langfristig immer mehr und mehr verdienen und zudem angemessen und nun teils günstig bewertet sind: Das ist für uns „Value“.

Sie wissen inzwischen: Wir beteiligen uns nur an Unternehmen mit hohen Burggräben um ihr robustes Geschäftsmodell herum, die wenig Kapital einsetzen müssen und hohe Skaleneffekte erzielen und die eine hohe Bilanzqualität besitzen. In einem Marktumfeld wie dem aktuellen, geben die Kurse auch dieser „robusten Gewinnmaschinen“ temporär nach. Allerdings weniger als der allgemeine Aktienmarkt und dies trotz der negativen Kurs- Auswirkungen bei unseren Portfoliounternehmen aus dem Technologiebereich, deren Kurse aufgrund der (vermeintlichen) Zinssensitivität spürbar nachgegeben haben. Nicht nur langfristig, sondern auch in Phasen erhöhter Nervosität schneiden robuste und profitable Qualitätsunternehmen besser ab als der allgemeine „Markt“. Kursschwankungen müssen aber auch wir leider akzeptieren. Wer, wie wir, jedoch echte Qualität zu angemessenen Bewertungen im Portfolio und zudem Zeit und Disziplin hat, braucht sich in Phasen wie diesen keine Sorgen zu machen. Unsere Firmen verdienen operativ weiterhin sehr gut und trotzen grosso modo dem hohen Inflationsdruck und werden – auch genau danach suchen wir unsere Investments aus – ebenso einer etwaigen Rezession auf Grund ihres krisenresistenten Geschäftsmodells trotzen und auch dann weiterhin gut verdienen. Unsere Firmen – von Procter & Gamble, L’Oréal, Church & Dwight über Danaher bis hin zu Alphabet, Visa und Microsoft – steigern langfristig zuverlässig (und stark) ihre Unternehmensgewinne und somit ihren Unternehmenswert. Und dieser wird sich langfristig in einem sich steigernden Aktienkurs widerspiegeln.

Dass die Zinsen zwar steigen, die realen Renditen angesichts der hohen Inflation jedoch tiefrot bleiben und die Girokonto-, Sparbuch- und Festgeldanlage mit der sicherste Weg ist, Vermögen unwiederbringlich zu schmälern, spielt eine wichtige, aber nicht die entscheidende Rolle. Denn unter langfristigen Aspekten ist es ohnehin der klügste Weg, sich an verlässlich und stark wachsenden Firmen zu beteiligen, um das Vermögen substanziell – auch vor der Inflation – zu schützen und das Vermögen zu mehren. Genau das tun wir in den Unternehmerfonds. Konsequent.

In diesem Sinne mit herzlichen Grüßen,

Auf dem Bild ist die Unterschrift von Fondsmanager Dominikus Wagner zu sehen.

Dominikus Wagner

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